Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Betriebsstilllegung
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung von Betriebsstilllegung und Betriebsübergang.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 23.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 5376/09) |
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagen zu 1) und 2) und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts K vom 23.12.2010 – 4 Ca 5376/09 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vom Beklagten zu 1) erklärten betriebsbedingten Kündigung bzw. einer vorangegangenen betriebsbedingten Kündigung der Gemeinschuldnerin und die Feststellung eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2), den hieraus resultierenden Anspruch der Klägerin auf Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2) sowie um Verzugslohnansprüche der Klägerin.
Die Klägerin war seit dem 21.06.1979 als Industriekauffrau bei der L. & Sö. GmbH beschäftigt, nachdem sie zuvor ihre Ausbildung dort ab dem 01.09.1976 absolviert hatte.
Zuletzt war die Klägerin als Einkaufsleiterin mit einem monatlichen Bruttogehalt von 3.444,24 EUR tätig.
Die Firma L. & Sö. GmbH kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2009 zum 30.11.2009 und stellte die Klägerin ab dem 01.06.2009 unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.
Hiergegen richtet sich die Kündigungsschutzklage der Klägerin vom 09.06.2009, welche am selben Tag beim Arbeitsgericht in K eingegangen ist.
Am 01.06.2009 wurde über das Vermögen der L. & Sö. GmbH ebenso wie über das Vermögen der L. Sa. GmbH, der L. S. GmbH und der L. G. GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber der L. V. GmbH wurde mangels Masse abgelehnt.
Zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der L. & Sö. GmbH wurde der Beklagte zu 1) bestellt. Dieser sprach eine weitere ordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Schreiben vom 08.06.2009 zum 30.09.2009 aus. Hiergegen richtet sich die Klageerweiterung vom 22.06.2009, welche am 24.06.2009 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.
Eine weitere vorsorgliche ordentliche Kündigung folgte durch den Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 29.10.2009 zum 31.01.2010 nach Anhörung der Betriebsräte der L. G. GmbH & Co. KG, der L. Sa. GmbH sowie der L. S. GmbH. Auch hiergegen hat sich der Kläger durch Klageerweiterung vom 03.11.2009, welche am 04.11.2009 beim Arbeitsgericht in K eingegangen ist, gewandt.
Zudem hat die Klägerin mit weiterer Klageerweiterung vom 26.04.2010 einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigungen vom 29.05.2009 und 08.06.2009 durch die Gemeinschuldnerin bzw. den Beklagten zu 1) seien sozial ungerechtfertigt mangels hinreichenden betriebsbedingten Grundes. Als Kündigungsbegründung könne keine Betriebsstilllegung herangezogen werden, da ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) diesen ausschließe. Die Beklagte zu 2) habe die bisher von der Gemeinschuldnerin genutzten Räumlichkeiten bezogen und von dort aus die bisher von der Gemeinschuldnerin erledigten Dienstleistungen in den Bereichen der allgemeinen Verwaltung (Buchhaltung/Personal) und im Bereich Finanzen weiter betrieben. Das Sach- und Anlagevermögen der Gemeinschuldnerin stehe der Beklagten zu 2) weiter zur Verfügung. Zudem sei die bisherige Arbeitnehmerin der Gemeinschuldnerin, Frau V., von der Beklagten zu 2) weiterbeschäftigt worden. An sachlichen Betriebsmitteln seien vor allem PC's, die EDV, die Telefonanlage und die Büroausstattung weitergenutzt worden. Die Klägerin hat zudem die fehlende Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG gerügt. Zwar sei bei der Gemeinschuldnerin selber kein Betriebsrat gebildet worden; die Gemeinschuldnerin habe aber einen Gemeinschaftsbetrieb mit der L. S. GmbH, der L. S. GmbH, der L. V. GmbH und der L. G. GmbH & Co. KG gebildet, so dass die dort bestehenden Betriebsräte vor Ausspruch der Kündigungen gegenüber der Klägerin zu beteiligen gewesen wären. Die Gemeinschuldnerin und die L. S. GmbH hätten sich die Badräumlichkeiten im ersten Obergeschoss geteilt; die Telefonzentrale im Erdgeschoss sei für alle Firmen zuständig gewesen. Der Betriebsrat der L. S. GmbH habe die Gemeinschuldnerin in Fragen des Gehaltes (Weihnachtsgeld) als Ansprechpartner betrachtet. Die Klägerin hat zudem die ordnungsgemäße Durchführung einer Sozialauswahl in Abrede gestellt und dabei bestritten, dass sämtliche Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin gleichzeitig gekündigt worden seien. Die Klägerin hat zudem die Ansicht vertreten, sie könne Annahmeverzugsvergütung gegenüber der Beklagten zu 2) wegen des hier geltend gemachten Betriebsübergangs auf diese ab dem 01.06.2009 beanspruchen. Hilfsweise für den Fall des Nichtvorliegens eines Betriebsübergangs hat die Klägerin die Feststellung entsprechender Zahlungsansprüche als Altmasse-Ans...