Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. freie Unternehmerentscheidung. Rationalisierung. Kündigungsentscheidung. Darlegungslast. Arbeitsorganisation

 

Leitsatz (amtlich)

Die freie unternehmerische Rationalisierungsentscheidung ist streng zu trennen von der Entscheidung, das Arbeitsverhältnis eines bestimmten Arbeitnehmers aufzulösen. Deshalb hat der Arbeitgeber im Kündgungsschutzprozeß in jedem Fall eingehend darzustellen – und gegebenenfalls zu beweisen –, welche Auswirkungen die unternehmerische Rationalisierungsentscheidung im einzelnen auf die betriebliche Arbeitsorganisation hat, so dass das Arbeitsgericht uneingeschränkt objektiv nachvollziehen kann, inwiefern die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers betriebsbedingt entbehrlich geworden ist (Anschluß an BAG vom 17.06.1999, 2 AZR 141/99)

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 02.12.1998; Aktenzeichen 20 Ca 3737/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.12.1998 – 20 Ca 3737/98 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung.

Der am 15.05.1970 geborene Kläger, der verheiratet ist und 2 Kinder hat, war seit dem 02.05.1994 zunächst als Leiharbeitnehmer einer Firma Euro-Service GmbH & Co. KG für die Beklagte tätig. Am 01.12.1995 schlossen die Parteien einen für den zeitraum bis zum 31.12.1996 befristeten Arbeitsvertrag ab. Mit Urteil des LAG Köln vom 11.03.1998 in Sachen 7 Sa 897/97 erreichte der Kläger die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Vertragsbefristung. In den Entscheidungsgründen führt die 7. Kammer des LAG Köln u.a. aus, dass auf Grund der Regelung in § 1 Abs. 2, 13 AÜG bereits seit dem 02.02.1995 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen sei.

Der Kläger wurde bei der Beklagten als angelernter Maschinenkernmacher beschäftigt. Er war in die Lohngruppe VII des einschlägigen Tarifvertrages eingeordnet und verdiente 4.029,00 DM brutto monatlich.

Am 01.04.1998 informierte die Beklagte ihren Betriebsrat über die Ab sicht, dem Kläger zum 31.05.1998 eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen (Bl. 31 f. d. A.). Der Betriebsrat nahm das Kündigungsbegehren am 06.04.1998 „zur Kennntnis”. Mit Schreiben vom 15.04.1998 kündigte die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis zum 31.05.1998. Vor und nach Ausspruch der Kündigung hatte die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages für die Zeit bis zum 30.09.1998 angeboten, den der Kläger jedoch ablehnte.

Mit der vorliegenden, am 30.04.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 15.04.1998 geltend gemacht. Nachdem die Beklagte im Kammertermin vom 23.09.1998 keinen Antrag gestellt hatte, hat das Arbeitsgericht an diesem Tage auf Antrag des Klägers ein klagestattgebendes Versäumnisurteil verkündet, das der Beklagten am 02.10.1998 zugestellt wurde und gegen das diese am 07.10.1998 Einspruch eingelegt hat.

Der Kläger hat bestritten, dass auf Grund von Produktionsrückgängen ein Bedürfnis für seine Weiterbeschäftigung weggefallen sei. Er hat darauf verwiesen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit alle Hottinger-Maschinen 1 – 5 bedient habe, darüber hinaus die Loramendi-Maschine, die alte und neue Lemper-Maschine, die Abladestation und den Computer für das Hochregal. Er sei bei sämtlichen Montagearbeiten einschließlich sogenannter schlichter Arbeiten eingesetzt worden und besitze auch einen Gabelstaplerführerschein.

Weiter hat der Kläger ausgeführt, vielen Mitarbeitern mit befristeten Arbeitsverträgen seien die Arbeitsverträge schon im März 1998 bis Ende 1998 und später um weitere 7 Monate bis Ende Juli 1999 verlängert worden. Darüber hinaus hat der Kläger die Sozialauswahl beanstandet und 6 seiner Ansicht nach sozial weniger schützenswerte Mitarbeiter namentlich benannt.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 23.09.1998 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 23.09.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt, aus bestimmten näher bezeichneten Gründen habe sich das Produktionsvolumen erheblich reduziert, u.a. auch wegen der Verlagerung bestimmter Produktionsreihen auf eine Fremdfirma. Das reduzierte Produktionsvolumen führe zu einem Abbau im Lohnbereich der Gießerei bis 31.12.1998 von 351 auf 249 Mitarbeiter. im Bereich der Kernmacherei, in der der Kläger beschäftigt sei, sei eine Reduzierung des Personalstandes von zunächst 93 Mitarbeitern auf 74 Mitarbeiter bis Ende Dezember 1998 sowie um weitere 22 Mitarbeiter im Laufe des Jahres 1999 geplant. Im Rahmen der Sozialauswahl findet sich unter den verbleibenden Mitarbeitern kein vergleichbarer, der sozial weniger schützenswert sei als der Kläger.

Mit Urteil vom 02.12.1998 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15.04.1998 nicht...

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