Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtverlängerungsmitteilung. Anhörung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Nichtverlängerungsmitteilung nach § 2 Abs. 1 TVM bzw. 24 Abs. 1 NV-Tanz bedarf keines sie rechtfertigenden Grundes und kann daher auch aus betrieblichen Gründen erfolgen. Es reicht aus, wenn der Intendant bei der Anhörung des Bühnenmitglieds seine subjektive Motivation für die Nichtverlängerung offenlegt (im Anschluss an BAG v. 26.08.1998 – 7 AZR 263/97).

 

Normenkette

TVM § 2; NV-Tanz § 24

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.07.1998; Aktenzeichen 7 Ca 2008/98)

ArbG Aachen (Aktenzeichen 6 (7) Sa 1462/98)

 

Tenor

1. Die Berufungen der Kläger gegen die am 08.07.1998 verkündeten Urteile des Arbeitsgerichts Köln – 7 Ca 2007/98 und 7 Ca 2008/98 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger S zu 65 % und dem Kläger W zu 35 % auferlegt.

3. Der Streitwert wird auf 32.328,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit von Nichtverlängerungsmitteilungen, die der Intendant des Staatstheaters C mit Schreiben vom 16.10.1996 gegenüber den Klägern zum 31.07.1997 aussprach. Der Kläger S war seit dem 01.02.1995 als künstlerischer Leiter der Sparte Tanztheater und Chefchoreograph am Staatstheater C auf der Grundlage des Normalvertrags Solo (NV Solo) beschäftigt. Der Kläger W war seit dem 01.08.1990 als Gruppentänzer mit Solo-Verpflichtung auf der Grundlage des Normalvertrags Tanz (NV Tanz) tätig. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Das Bezirksbühnenschiedsgericht Berlin hat die Klagen mit Schiedssprüchen vom 11.02.1997 (30/96) und 12.02.1997 (31/96) abgewiesen. Die Berufungen der Kläger hat das Bühnenoberschiedsgericht – Außenstelle Hamburg – mit Schiedssprüchen vom 27.10.1997 (BOSchG 14/97 und 15/97) zurückgewiesen.

Das Arbeitsgericht Köln hat die Aufhebungsklagen durch Urteile vom 08.07.1998 (7 Ca 2007/98 und 7 Ca 2008/98) abgewiesen. Wegen seiner Entscheidungsgründe wird auf Bl. 63 ff d.A. 7 Ca 2007/98 sowie Bl. 61 ff d.A. 7 Ca 2008/98 Bezug genommen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 25.02.1999 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

1. Die Berufungen der Kläger sind zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden sind (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 ZPO.

2. In der Sache haben die Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Aufhebungsklagen mit zutreffender Begründung, der das Berufungsgericht folgt (§ 543 Abs. 1 ZPO), abgewiesen. Die angefochtenen Schiedssprüche beruhen nicht auf der Verletzung einer Rechtsnorm (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG). Insbesondere hat der Intendant des Staatstheaters C die nach §§ 2 Abs. 5 TVM bzw. 24 Abs. 4 NV Tanz vorgeschriebenen Anhörungen vor Ausspruch der Nichtverlängerungsmitteilungen nicht fehlerhaft durchgeführt. Daran vermögen die Angriffe der Berufungen nichts zu ändern. Ergänzend ist dazu festzustellen:

Nach § 2 Abs. 5 TVM bzw. dem insoweit gleichlautenden § 24 Abs. 4 NV Tanz hat der Arbeitgeber, bevor er eine Nichtverlängerungsmitteilung ausspricht, das Bühnenmitglied zu hören. Die zugehörige Protokollnotiz stellt klar, dass die Einhaltung von Form und Fristen der Nichtverlängerungsmitteilung sowie die fristgerechte Durchführung des Anhörungsverfahrens Voraussetzung der Rechtswirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung sind. Weitere Fälle der Unwirksamkeit werden durch diese Vorschriften nicht begründet. Die Nichtverlängerungsmitteilung ist allerdings unwirksam, wenn sie eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Davon kann hier keine Rede sein.

Zutreffend sind die Bühnenschiedsgerichte von den Grundsätzen ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht für die Anwendung des § 2 Abs. 5 TVM entwickelt hat. Danach ist eine Nichtverlängerungsmitteilung nicht daraufhin zu überprüfen, ob sie durch das Vorliegen objektiver Gründe gerechtfertigt ist (vgl. insbesondere BAG, Urteile vom 18.04.1986 AP Nr. 27 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag und vom 15.03.1989 AP Nr. 35 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag). Eine Nichtverlängerungsmitteilung nach § 2 Abs. 1 TVM bzw. § 24 Abs. 1 NV Tanz bedarf keines sie rechtfertigenden Grundes und kann daher auch aus betrieblichen Gründen erfolgen. Bei der Anhörung des Bühnenmitglieds braucht der Intendant nur seine subjektive Motivation für die Nichtverlängerung des Vertrages offenzulegen. Dabei darf es sich auch um finanzielle Erwägungen des Intendanten handeln (vgl. BAG vom 26.08.1998 – 7 AZR 263/97 – m.w.N.).

Die Würdigung der Vorinstanzen, dass die Anhörung der Kläger am 10.10.1996 diesen Anforderungen entspricht, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bühnenoberschiedsgerichts hatte der Intendant bereits mit Schreiben vom 04.09.1996 durch Aushang am Schwarzen Brett mitgeteilt, dass er vom Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg beauft...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge