Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsgrundlage. Aufhebungsvertrag. Widerruf. wirtschaftliche Notlage. Sanierungsplan. Essener Verband
Leitsatz (amtlich)
Die im Aufhebungsvertrag gemachte Zusage, den ausscheidenden Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Versorgungszusage so zu behandeln, als bestehe das Arbeitsverhältnis fort, unterliegt dem Widerrufsvorbehalt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wie jedes andere Versorgungsversprechen.
Normenkette
BGB § 242; BetrAVG § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 21.01.1998; Aktenzeichen 9 Ca 10786/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.01.1998 – 9 Ca 10786/96 – aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß der Teilwiderruf der Versorgungszusage vom 27.06.1996 insoweit unwirksam ist als die Beklagte für den Fall, daß der Versorgungsfall nach dem 31.07.1999 eintritt, die Versorgungskürzung gem. § 3 Ziffer 7 LO Essener Verband vom 01.01.1989 mit höheren Abschlägen als 12 % vornimmt.
Weiterhin wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, für die Berechnung der aufrechtzuerhaltenden Anwartschaft einen Gruppenbetrag des Essener Verbandes in Höhe von 2.525,00 DM zugrundezulegen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung bei Eintritt des Versorgungsfalles in Höhe von monatlich 702,24 DM zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 4/10 und die Beklagte zu 6/10.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Tragweite eines von der Beklagten erklärten Teilwiderrufs einer Versorgungszusage.
Der Kläger geboren am 24.07.1939, war vom 01.04.1963 bis zum 31.12.1994 im Konzern der Beklagten beschäftigt. Bei seinem Ausscheiden war er Arbeitnehmer der Deutz Motor Industriemotoren GmbH, die inzwischen mit der Beklagten verschmolzen ist.
Seit dem 01.01.1974 ist dem Kläger eine Versorgungszusage erteilt. Am 28.05.1980 wurde diese Versorgungszusage einvernehmlich dahingehend konkretisiert, daß für die Pensionszusage die Leistungsordnung des Essener Verbandes in ihrer jeweils gültigen Fassung maßgebend ist.
Bei dem Essener Verband handelt es sich um einen Zusammenschluß von Unternehmen der Eisen- und Stahl erzeugenden oder verarbeitenden Industrie. Er bezweckt die Vereinheitlichung der Konditionen der Altersversorgung für gehobene oder leitende Angestellte der angeschlossenen Unternehmen. Hierzu ist eine Leistungsordnung aufgestellt, die die Ausgestaltung des Betriebsrentenversprechens darstellt. Die Leistungsordnung teilt sich in Leistungen für unmittelbare Betriebsrentner (Teil 1) und Arbeitnehmer, die unter Aufrechterhaltung einer Anwartschaft ausgeschieden sind (Teil 2). Die Höhe der Betriebsrente nach Teil 1 richtete sich bis zum 31.12.1996 nach den vom Vorstand des Essener Verbandes festgesetzten Gruppenbeträgen der jeweiligen Zusagegruppe. Bei Erhöhung des Gruppenbetrages wurde die Rente unter Berücksichtigung der jeweils aktuellen Versicherungsleistungen aus der Sozialversicherung neu berechnet. Demgegenüber ist Anwartschaftern, die nach Teil 2 der Leistungsordnung ausscheiden nur eine gequotelte Anwartschaft zugesagt. Anwartschafter nehmen an späteren Änderungen der Gruppenbeträge oder an Änderungen der Sozialversicherungsrente nicht mehr teil. Die Anpassungsprüfung ihnen gegenüber erfolgt nach § 16 BetrAVG.
Der Kläger war zuletzt zur Gruppe E des Essener Verbandes angemeldet.
Am 09.09.1993 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag. In Ziffer 4 dieses Vertrages war hinsichtlich der Betriebsrente folgendes geregelt:
„Der Anspruch auf Ruhegeld durch den Essener Verband wird nach Eintritt des Versorungsfalles, frühestens nach Ablauf des Überbrückungszeitraumes zum 31.07.1999, ermittelt, wobei für die Berechnung der Dienstjahre eine Beendigung des Dienstverhältnisses mit Vollendung des 63.Lebensjahres zugrunde gelegt wird. Auf § 3 Ziffer (7) der Leistungsordnung Essener Verband vom 01.01.1989 weisen wir hin. Tritt jedoch der Versorgungsfall vor Ablauf des Überbrückungszeitraumes ein, kann die Dienstzeit auch nur bis zu diesem Zeitpunkt angerechnet werden.”
Zwischen den Parteien ist nunmehr streitig, ob es sich bei den dem Kläger geschuldeten Rentenleistungen um solche handelt, die nach Teil 1 der Leistungsordnung zu errechnen sind oder nach Teil 2 und damit, ob der Kläger an Steigerungen des Gruppenendbetrages, die in der Folgezeit vom Essener Verband beschlossen wurden teilnimmt oder nicht. Die Beklagte hat hierzu eingeräumt, daß im Aufhebungsvertrag jedenfalls ein Verzicht auf eine ratierliche Kürzung wegen vorzeitigen Ausscheidens erfolgt ist. Weiterhin bestand bei Abschluß des Aufhebungsvertrages Einigkeit dahin gehend, daß Abschläge, die nach § 3 der Leistungsordnung bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrente in Höhe von 0,5 % je Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme möglich waren...