Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Bundesanstalt für Arbeit. Arbeitsamt Köln. Aushilfsangestellter. Überbrückungsmaßnahme. Stellenreservierung für Nachwuchskräfte als Befristungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Reserviert eine öffentliche Verwaltung (Arbeitsamt) alle ihre Stellen des gehobenen Dienstes für Nachwuchskräfte aus dem mittleren Dienst, die sie in dreijährigen Lehrgängen mit Prüfungsabschluß ausbildet, so kann dies die Befristung von Arbeitsverträgen mit anderen Arbeitskräften, die auf solche Stellen zur Überbrückung bis zur Einstellung eines Lehrgangsabsolventen eingestellt werden, sachlich rechtfertigen.

2. Einer besonderen Darlegung des Interesses an der Freihaltung solcher Arbeitsplätze bedarf es nicht.

3. In diesem Fall (Zf. 1) muß vom Arbeitgeber kein konkreter Zusammenhang zwischen der vorübergehend eingenommenen Planstelle und einem konkreten Anwärter aufgezeigt werden. Wer im öffentlichen Dienst in erheblichem Maße ausbildet, kann nur eine numerische Zuordnung von Kontingenten betreiben

4. Die Folgen des § 625 BGB werden dadurch beseitigt, daß die Parteien nachträglich eine neue Befristungsvereinbarung treffen, da Befristungsvereinbarungen auch nachgeholt werden können.

5. Auch die SR 2a zum MTA verlangt wie ihr Vorbild, die SR 2y zum BAT, nur die Vereinbarung der einschlägigen Befristungsform, nicht die Angabe des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag.

6. Es ist nicht erforderlich, daß ein Befristungsgrund nicht nur die Befristungsvereinbarung, sondern auch noch die Berufung auf den Fristablauf trägt; die Umstände, die bei Fristablauf herrschen, sind grundsätzlich unerheblich, insbesondere müssen sich die tatsächlichen Umstände, die den Befristungsgrund gebildet haben, nicht erhalten haben.

 

Normenkette

BGB § 620 Abs. 1, § 625; MTA SR 2a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 09.05.1995; Aktenzeichen 16 Ca 7754/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.05.1995 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 16 Ca 7754/94 – abgeändert:

Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

Streitwert: unverändert.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Beklagt ist die Bundesanstalt für Arbeit (BA). Sie beschäftigte den als Volljurist ausgebildeten Kläger aufgrund zweier Zeitverträge als „Aushilfsangestellten zur Vertretung” auf einer Planstelle des gehobenen Dienstes im …. Der erste Vertrag war befristet für die Zeit von Oktober 1991 bis Dezember 1992, der zweite für die Zeit von Januar 1993 bis August 1994. Letzterer wurde allerdings erst am 21.01.1993 abgeschlossen. Bis dahin war der Kläger seit dem Auslaufen des ersten Vertrages unverändert ohne schriftlichen Arbeitsvertrag tätig. Er hat die Befristungsvereinbarung für unwirksam gehalten und entsprechende Feststellungsklage erhoben. Die Beklagte hat die Befristung mit der Behauptung gerechtfertigt, sie habe die Planstelle des Klägers freihalten wollen für eine ihrer Nachwuchskräfte aus dem mittleren Dienst, die sich für den gehobenen Dienst qualifizieren und deren Ausbildung üblicherweise im August eines jeden Jahres mit der Prüfung abschließt (Verwaltungsinspektoren-Anwärter = VIA).

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie wiederholt den in Anspruch genommenen Befristungsgrund und trägt vor, sie reserviere sämtliche Stellen des gehobenen Dienstes für ihre Nachwuchskräfte aus dem mittleren Dienst, die sie in dreijährigen Lehrgängen für den gehobenen Dienst ausbilde. Die Beschäftigung anderer Arbeitskräfte diene lediglich der Überbrückung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet, daß beim … alle freien Stellen des gehobenen Dienstes für Nachwuchskräfte der Beklagten vorgesehen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung war in der Sache erfolgreich. Die Klage war abzuweisen, weil sie nicht begründet ist; denn das Arbeitsverhältnis der Parteien endet kraft Befristung mit Ablauf des 31.08.1994: § 620 Abs. 1 BGB.

Die Anwendung der Rechtsprechung zur arbeitsvertraglichen Befristungskontrolle führt nicht zur Unwirksamkeit der von den Parteien getroffenen Befristungsvereinbarung. Das wäre nur dann der Fall, wenn es für die vereinbarte Befristung keinen sachlichen Grund im Sinne dieser Rechtsprechung gäbe. Ein solcher ist jedoch vorhanden:

Der sachliche Grund für die vereinbarte Befristung liegt in der mit ihr von der Beklagten verfolgten Absicht, die Planstelle des Klägers freizuhalten für einen ihrer Bediensteten, der sich bei Vertragsschluß in der Ausbildung bef...

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