Entscheidungsstichwort (Thema)
Versäumnisurteil. Einspruch. Unzulässigkeit. Verwerfungsbeschluss. Rechtsmittel. Meistbegünstigungsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
1) Verwirft das Arbeitsgericht den verspäteten Einspruch gegen ein Versäumnisurteil nach der Neufassung des § 341 ZPO irrtümlich durch Beschluss statt durch Urteil, so ist die von der unterlegenen Partei nach Maßgabe der ihr erteilten Rechtsmittelbelehrung hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde zulässig.
Dies folgt aus dem sog. Meistbegünstigungsgrundsatz.
2) Das Rechtsmittelgericht hat gleichwohl in der „an sich” gegebenen Form, also durch Urteil zu entscheiden.
Normenkette
ZPO § 341
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 21.05.2002; Aktenzeichen 8 Ca 6258/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Verwerfungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.05.2002 in Sachen 8 Ca 6258/01 d wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit eines Einspruchs des Beklagten gegen ein erstinstanzliches Versäumnisurteil, mit welchem einer Zahlungsklage der Klägerin gegen den Beklagten stattgegeben worden war.
Mit der am 21.12.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, in der Zeit von Februar 2001 bis Dezember 2001 für ein „Taschengeld” in Höhe von 400,– DM monatlich neben freier Kost und Logis im Privathaushalt des Beklagten beschäftigt gewesen zu sein. Nachdem der am 18.01.2002 im Wege der Niederlegung geladene Beklagte im Gütetermin vom 04.02.2002 nicht erschienen war, hat das Arbeitsgericht an diesem Tage auf Antrag der Klägerin ein der Klage stattgebendes erstes Versäumnisurteil verkündet. Dieses Versäumnisurteil wurde dem Beklagten mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehen wiederum im Wege der Niederlegung am 19.02.2002 zugestellt.
Mit einem am 02.05.2002 bei Gericht eingegangenen, nicht unterschriebenen Telefax vom gleichen Tage, welches als Absender eine vom Beklagten betriebene sog. „Jam-Agentur” ausweist, wurde „gegen Ihr Schreiben vom 26.04.2002 Widerspruch” eingelegt. Mit weiterem Schreiben vom 15.05.2002 begründete der Beklagte „meinen Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 04.02.2002”. Auf den Inhalt beider Schreiben (Bl. 15 f., 18 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Zuvor hatte das Arbeitsgericht mit Schreiben vom 02.05.2002 (Bl. 17 d.A.) den Beklagten auf die Formmängel und die Verspätung eines in dem Schreiben, vom 02.05.2002 liegenden Einspruchs gegen das Versäumnisurteil vom 04.02.2002 hingewiesen.
Mit Beschluss vom 21.05.2002 (Bl. 29 f. d.A.) hat das Arbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung durch seinen Vorsitzenden „den Einspruch des Beklagten vom 02.05.2002 gegen das Versäumnisurteil vom 04.02.2002 gemäß § 341 ZPO als unzulässig verworfen”. In der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses vom 21.05.2002 wurde der Beklagte darüber belehrt, dass er gegen den Beschluss binnen einer Notfrist von 2 Wochen sofortige Beschwerde einlegen könne.
Gegen den dem Beklagten am 10.06.2002 zugestellten Verwerfungsbeschluss hat dieser durch Anwaltsschriftsatz vom 21.06.2002, beim Arbeitsgericht eingegangen am 24.06.2002, sofortige Beschwerde eingelegt. Ausführungen zur Begründung der sofortigen Beschwerde wurden nicht gemacht.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde die Abhilfe versagt und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Auch gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagte die von ihm eingelegte sofortige Beschwerde nicht begründet und sich lediglich darauf beschränkt, „für den gesamten Vortrag im hiesigen Verfahren” zwei Zeugen zu benennen.
Der Beklagte und Beschwerdeführer beantragt,
„der Beschwerde vom 21.06.2002 stattzugeben”.
Die Klägerin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den arbeitsgerichtlichen Verwerfungsbeschluss vom 21.05.2002 ist zulässig.
Der Beklagte hat entsprechend der vom Arbeitsgericht erteilten Rechtsmittelbelehrung innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Verwerfungsbeschlusses sofortige Beschwerde eingelegt. Zwar hätte das Arbeitsgericht seine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Einspruchs des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 04.02.2002 aufgrund des neu gefassten § 341 Abs. 2 ZPO statt durch Beschluss durch Urteil treffen müssen. Das hiergegen gegebene Rechtsmittel wäre richtigerweise die Berufung gewesen. Nach dem sog. Grundsatz der Meistbegünstigung kann die Beschwerdepartei in einem solchen Fall jedoch zulässigerweise auch dasjenige Rechtsmittel einlegen, dass gegen die tatsächlich erlassene Entscheidung statthaft ist, hier also im Falle der Entscheidung durch Beschluss die sofortige Beschwerde (BGHZ 21, 147; Thomas/Putzo – Reichold, ZPO, Vorbemerkungen zu § 511, Rdnr. 8). Das Rechtsmittelgericht ist indessen gehalten, in derjenigen Form zu entscheiden, die einer korrekten erstinstanzlichen Verfahrensweise entsprochen hätte, hier also durch Urteil (Thomas/Putzo – Reichold, a.a.O.).
Der Gr...