Entscheidungsstichwort (Thema)
einseitige Freistellung im ungekündigten Arbeitsverhältnis. Beschäftigungsanspruch. Senior Vice President. Versetzungsklausel. Eingriff in Organisationskompetenz. Beschäftigung richtet sich nach dem Arbeitsvertrag. Betriebsübergang unerheblich. Freistellung in ungekündigtem Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Zum Inhalt des Beschäftigungsanspruchs eines "Senior Vice President".
Normenkette
GewO § 106; BGB §§ 307, 611
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 22.09.2011; Aktenzeichen 1 Ca 1022/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.09.2011 in Sachen1 Ca 1022/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen um den Inhalt des Beschäftigungsanspruchs des Klägers sowie um die Frage, ob eine Verpflichtung der Beklagten besteht, eine in einem Performance Potential Review im Intranet der Beklagten hinterlegte Leistungsbewertung für Führungskräfte über den Kläger zu entfernen.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, der Klage ganz überwiegend stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.09.2011 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 18.10.2011 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 14.11.2011 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 18.01.2012 - am 17.01.2012 begründen lassen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin führt aus, dass sie einen Beschäftigungsanspruch des Klägers grundsätzlich nicht in Abrede stelle. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne der Kläger jedoch nicht beanspruchen, als Leiter eines Bereichs der Beklagten beschäftigt zu werden. In ihrem Organisationsaufbau gebe es keine in bestimmter Weise definierte Funktionseinheit mit der Bezeichnung "Bereich".
Auch sei unerfindlich, warum der Kläger sollte beanspruchen können, künftig allein im Bereich Vertrieb & Service beschäftigt zu werden. Dies stelle eine nicht gerechtfertigte Eingrenzung ihres arbeitgeberseitigen Direktionsermessens dar.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, in einem Aufgabenbereich beschäftigt zu werden, in welchem er an das Executive Committee der Beklagten zu berichten habe. Schon der ursprüngliche Arbeitsvertrag der Parteien enthalte, verständig ausgelegt, eine solche Festlegung nicht. Jedenfalls sei aber eine stillschweigende Vertragsänderung erfolgt, indem der Kläger ab dem 01.07.2009 in der ihm nun zugewiesenen Aufgabe als Leiter des Bereichs Large Enterprise vorbehaltlos tätig geworden sei, obwohl er hier nicht mehr unmittelbar dem Executive Committee, sondern dem Manager M -U zu berichten gehabt habe.
Ebenso stelle es einen Eingriff in ihre Organisationskompetenz dar, wenn sie verpflichtet würde, den Kläger künftig weiterhin mit dem Titel "Senior Vice President" beschäftigen zu müssen.
Fehlerhaft seien ferner auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Verpflichtung, den Kläger in das Outlook-System einzutragen und ihm einen Dienstausweis zu überlassen. Tatsächlich sei der Kläger, wenn auch unter einstweiliger Zuordnung zum Bereich Human Ressources, im Outlook-System eingetragen. Einen Anspruch auf Überlassung eines Dienstausweises habe er nicht, wie schon aus § 19 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 01.04.2008 hervorgehe. Unabhängig davon sei zwischenzeitlich der freiwillige Versuch der Erteilung eines Dienstausweises an der fehlenden Mitwirkung des Klägers gescheitert.
Schließlich fehlt es nach Meinung der Beklagten auch an einem Anspruch des Klägers darauf, die Bewertung seiner Leistungen aus dem System PPR zu entfernen. Ein dem Tatbestand dienstlicher Beurteilungen vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor. Die Auffassung des Arbeitsgerichts verletze unzulässig die interne Meinungsbildungskompetenz der Arbeitgeberin über Leistungs- und Entwicklungspotentiale einzelner Mitarbeiter. Schließlich fehle auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, weil er von dem in dem PPR-Prozess vorgesehenen innerbetrieblichen Beanstandungsverfahren bisher keinen Gebrauch gemacht habe.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.09.2011,1 Ca 1022/11, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte verteidigt im Einzelnen die Ergebnisse des arbeitsgerichtlichen Urteils und ihre Begründung. Er führt aus, das Gericht habe zutreffend festgestellt, dass die von ihm zuletzt innegehabte Tätigkeit der Leitung des Bereichs Large Enterprise im Geschäftsbereich Sales & Servicemanagement der D T Geschäftskunden unter dieser Bezeichnung nicht mehr vorhanden sei. Daher sei die Beklagte aufgrund § 106 GewO berechtigt, ihm im Wege des ihr zuste...