Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Vertretung. Justizangestellte
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Befristung ist auch dann nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG sachlich gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber dem Vertreter Aufgaben zuweist, die zwar der Vertretene bis zu seinem Ausfall nicht verrichtet hat, die er aber aufgrund des Arbeitsvertrages des Vertretenen nach dessen Rückkehr zuweisen könnte (Anschluss an BAG, Urteil vom 15.2.2006 – 7 AZR 232/06 – und 18.4.2007 – 7 AZR 255/06 –).
2. Durch diese Zuordnung wird der den Arbeitnehmern nach Art. 12 Abs. 1 GG zu gewährende Mindestbestandsschutz gewahrt und auch dem Gebot zur Verhinderung des Missbrauchs durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge nach der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Durchführung der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge genügt.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; BErzGG § 21 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 02.04.2008; Aktenzeichen 7 Ca 478/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.04.2008 – 7 Ca 478/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung zum 31. Dezember 2007 beendet worden ist.
Die Klägerin, geboren am 30. Juli 1978, war im Anschluss an ihre Ausbildung zur Justizangestellten seit dem 5. August 1999 auf Grund von 13 befristeten Arbeitsverträgen im Justizdienst des beklagten Landes als Justizangestellte beim Amtsgericht Köln beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des TV-L und des TVÜ-Länder und der diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geltenden Fassung Anwendung.
In dem zuletzt am 15. Dezember 2006 abgeschlossenen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien die befristete Weiterbeschäftigung der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007. Darin heißt es u. a.:
„§ 1
Frau wird ab 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 als Vollbeschäftigte auf bestimmte Zeit nach § 30 TV-L bei dem Amtsgericht Köln in der derzeitigen Beschäftigung als Schreib- und Kanzleikraft in der Strafprozesskanzlei befristet weiterbeschäftigt, und zwar wegen Vorliegen des folgenden sachlichen Grundes:
Zur Vertretung der Mitarbeiterin E, die in der Zeit 1.01.2007 bis zum 16.10.2008 Elternzeit genommen hat. Der Arbeitgeber ist befugt, die Beschäftigte abzuordnen, zu versetzen oder ihr andere Aufgaben zuzuweisen (§ 4 TV-L).
…
§ 4
Die Beschäftigte ist in die Entgeltgruppe 5 TV-L eingruppiert.
…”
Der Justizangestellten Frau E, die ebenfalls beim Amtsgericht Köln beschäftigt ist, war auf ihren Antrag vom 22. November 2006 vom Präsidenten des Amtsgerichts Köln Elternzeit für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 16. Oktober 2008 bewilligt worden. Sie war bis zur Bewilligung der Elternzeit tätig als Schreibkraft nach der Vergütungsgruppe VII der Anlage 1 a zum BAT, der die neue Entgeltgruppe 5 TV-L entspricht, und zwar in der Vormundschaftskanzlei.
Vor Abschluss des letzten Arbeitsvertrages vom 15. Dezember 2006 hatte der Präsident des Amtsgerichts Köln mit Schreiben vom 29. November 2006 den Personalrat um Zustimmung unter Angabe des Namens der Klägerin, der Verlängerungsdauer und des Befristungsgrundes („Elternzeit der Justizangestellten Eulenberg”) gebeten, die dieser mit am 30. November 2006 eingegangenen Schreiben erteilte.
Mit der am 16. Januar 2008 beim Arbeitsgericht K eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Befristung zum 31. Dezember 2007. Sie meint, die Befristung sei unwirksam. Da immer ein bestimmter Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beurlaubt sei oder mit verringerter Arbeitszeit beschäftigt werde, bestehe fortlaufend Bedarf für die Beschäftigung von Aushilfskräften. Bei einer derartigen Konstellation liege sowohl ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG als auch gegen die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vor. Es komme hinzu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur eine befristete Beschäftigung zur unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung eines vorübergehend abwesenden Mitarbeiters zulässig sei, sondern der Arbeitgeber auch berechtigt sei, dem Vertreter Aufgaben zuzuweisen, die der Vertretene zu keiner Zeit ausgeübt habe. So sei sie nicht weiterbeschäftigt worden, um den durch die Elternzeit von Frau E entstandenen Beschäftigungsbedarf in der Vormundschaftskanzlei abzudecken, sondern – wie bereits zuvor – in der Strafprozesskanzlei eingesetzt worden.
Zudem sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß vor seiner Zustimmung unterrichtet worden. Ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass Frau E über den 31. Dezember 2007 hinaus Elternzeit bewill...