Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung. Urlaubsgeld
Leitsatz (amtlich)
1) Im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (insbes. 12.4.2011 – 9 AZR 80/10) ist von einem „Gleichlauf” der Regelungen des MTV-Chemie mit den Regelungen des BUrlG über den Verfall des Urlaubs auszugehen (entgegen LAG Hamm, 2.12.2010 – 16 Sa 1097/10).
2) Der Urlaubsgeldanspruch nach dem Tarifvertrag über Einmalzahlung und Altersvorsorge (Chemische Industrie) setzt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht voraus, dass der Urlaub tatsächlich gewährt wurde.
Normenkette
MTV-Chemie § 12 Abs. 1 Nr. 7; BUrlG § 7 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 18.08.2011; Aktenzeichen 10 Ca 711/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.08.2011 – 10 Ca 711/11 – dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag hinaus an den Kläger weitere 2.710,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich zuletzt noch um die Abgeltung von je 10 Tagen tariflichen Mehrurlaubs für die Jahre 2009 und 2010 in als solcher unstreitiger Höhe von 104,85 EUR brutto pro Tag, insgesamt 2097,00 EUR brutto, sowie um die Zahlung zusätzlichen tariflichen Urlaubsgeldes von je 20,45 EUR für die für das Jahr 2010 insgesamt abzugeltenden Urlaubstage.
Der Kläger stand bis zum 31.12.2010 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, auf das kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie (MTV Chemie) und der Tarifvertrag über Einmalzahlung und Altersvorsorge (TV Einmalzahlung) Anwendung finden. Der Kläger war seit dem 29.08.2009 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Er ist seit dem 04.02.2010 als schwerbehinderter Mensch mit einem Behinderungsgrad von 60 anerkannt und bezieht seit dem 01.01.2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Wegen des übrigen erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils mit der Maßgabe Bezug genommen, dass es unstreitig ist, dass die Beklagte im Juni 2009 dem Kläger eine Zahlung in Höhe von 761,53 EUR brutto im Rahmen der mit ihm vereinbarten Entgeltumwandlung gezahlt hat. Bei diesem Betrag handelt es sich u. a. um das im Juni 2009 ausgezahlte und in diesem Monat umgewandelte tarifliche Urlaubsgeld in Höhe von 613,55 EUR, über das der Kläger nach Maßgabe des Tarifvertrages über Einmalzahlungen und Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung disponiert hatte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit sie zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch zu entscheiden war – nur hinsichtlich der Abgeltung von vier Tagen für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen im Jahr 2010 stattgegeben (419,40 EUR). Für einen fünften Tag Zusatzurlaub im Jahre 2010 hat es die Klage abgewiesen. Insoweit hat der Kläger dieses nicht mit der Berufung angegriffen.
Das Arbeitsgericht hat ferner die Klage hinsichtlich der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs von je 10 Tagen für die Jahre 2009 und 2010 abgewiesen, weil es davon ausgegangen ist, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum gesetzlichen Urlaub im Gefolge der EUGH-Entscheidung in der Sache S-H auf diesen Mehrurlaub nicht anzuwenden sei, da, was das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 02.12.2010 (16 Sa 1097/10) begründet, ein „Gleichlauf” der tariflichen Urlaubsansprüche mit den gesetzlichen Urlaubsansprüchen hier nicht vorliege und deshalb entsprechend der tariflichen Regelung der Mehrurlaub für die Jahre 2009 und 2010 verfallen sei. Die Vorschrift des § 12 Abs. 4 Nr. 3 MTV Chemie hat das Arbeitsgericht im vorliegenden Fall nicht für anwendbar gehalten, da es davon ausgegangen ist, dass der Kläger nicht in dem Urlaubsjahr 2010 ausgeschieden sei.
Schließlich hat das Arbeitsgericht auch den Anspruch des Klägers auf Zahlung des Urlaubsgeldes abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 01.09.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.09.2011 Berufung eingelegt und diese am 02.09.2011 (Dienstag nach Feiertag) begründet.
Beide Parteien verfolgen ihr Prozessziel mit Rechtsausführungen weiter, wegen derer auf die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln – 10 Ca 711/11 – vom 18.08.2011 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.710,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Bezug genommen wird ...