Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung
Leitsatz (amtlich)
§ 10 Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland enthält kein vom gesetzlichen Urlaubsrecht losgelöstes eigenständiges Urlaubsregime.
Normenkette
Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der BRD § 10
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Urteil vom 13.07.2011; Aktenzeichen 1 Ca 443/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 13.07.2011 – 1 Ca 443/11 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über vom Kläger geltend gemachte Urlaubsabgeltungsansprüche.
Der Kläger war in der Zeit vom 01.08.1969 bis zum 28.02.2011 als Drucker bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer mit Schreiben vom 15.07.2010 durch die Beklagte erklärte Kündigung. In dem deswegen geführten Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien einen Vergleich, der u.a. vorsah, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abgerechnet und abgewickelt werde. Zum weiteren Inhalt des gerichtlichen Vergleichs wird auf Bl. 4 – 5 d.A. verwiesen.
Der Kläger hatte einen nach dem in Bezug genommenen Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Auszug Bl. 28 ff. d.A.) einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen bei einer Fünf-Tage-Woche.
Die Vergütung für jeden Urlaubstag beläuft sich auf 213,80 EUR.
Der Kläger war seit Ende 2009 durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28.02.2011 arbeitsunfähig krank. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger ab dem 01.03.2011 arbeitsfähig war. Mit der letzten Vergütungsabrechnung für den Monat Februar 2011 (Bl. 6 d.A.) rechnete die Beklagte Urlaubsabgeltung für 23,5 Urlaubstage ab. Hierbei handelte es sich um den gesetzlichen Urlaubsanspruch für 2010 in Höhe von 20 Urlaubstagen sowie den anteiligen gesetzlichen Urlaubsanspruch für das Jahr 2011 in Höhe von 3,33, aufgerundet 3,5 Urlaubstage. Die sich aus der Abrechnung ergebende Auszahlung nahm die Beklagte vor.
Mit Schreiben vom 16.03.2011 (Bl. 7 – 8 d.A.) verlangte der Kläger Urlaubsabgeltung für 30 Arbeitstage für das Jahr 2010 und 5 Arbeitstage als anteiligen Urlaub für das Jahr 2011. Unter Anrechnung des von der Beklagten abgegoltenen Urlaubs errechnete er seinen Anspruch bei 11,5 abzugeltenden Urlaubstagen mit 2.458,70 EUR. Diesen Anspruch verfolgt er mit seiner am 18.04.2011 beim Arbeitsgericht Detmold eingegangenen Klage weiter, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23.03.2011 eine entsprechende Zahlung abgelehnt hatte.
Durch Urteil vom 13.07.2011, auf das zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.478,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.03.2011 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG i.V.m. § 10 Abs. 4 MTV Druck. Der Durchsetzung des Urlaubsabgeltungsanspruchs stehe die seitens der Beklagten behauptete fortdauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 28.02.2011 nicht entgegen. Die Durchsetzung des Urlaubsabgeltungsanspruchs sei nicht von der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit abhängig. Nachdem das Bundesarbeitsgericht im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 20.01.2009 in der Sache Schultz-Hoff die Surrogatstheorie aufgegeben habe, stelle der Urlaubsabgeltungsanspruch einen reinen Geldanspruch dar, dessen Bestand völlig losgelöst von der etwaig noch bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen sei. Auch der übertarifliche Urlaubsabgeltungsanspruch sei nicht von der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit abhängig. Hätten die Tarifvertragsparteien die Surrogatstheorie für den tariflichen Mehrurlaubsanspruch aufrechterhalten wollen, so hätte dies im Regelungswerk seinen Niederschlag finden müssen. Vorliegend sei erheblich, ob der gesetzliche Teil unabhängig von der Wiedererlangung der Arbeitsunfähigkeit abzugelten sei und der tarifliche Teil nur in Abhängigkeit dieser. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die tarifliche Bestimmung in § 10 Abs. 3 Nr. 1 MTV Druck formuliere überhaupt keine Anspruchsvoraussetzungen für die Urlaubsabgeltung, sondern beschränkte sich auf eine Klarstellung des grundsätzlichen Verbots der Urlaubsabgeltung. Auch im Übrigen sei nicht erkennbar, dass beide Teile des Urlaubsanspruchs unterschiedlich behandelt werden sollten, sodass von einem Gleichlauf zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch und dem tariflichen Mehrurlaubsanspruch auszugehen sei. An keiner Stelle des vorliegend zu beurteilenden Tarifwerks werde zwischen dem gesetzlichen Urlaubsanspruch und dem tariflichen Mehrurlaubsanspruch unterschieden. Es bestünden auch keine Anhaltpunkte dafür, dass die Tarifve...