Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bewirkt das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses jedenfalls nicht rückwirkend.

2) § 15 Manteltarifvertrag für den Einzelhandel NRW enthält kein eigenes vom Bundesurlaubsgesetz abweichendes Fristenregime

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 27.01.2011; Aktenzeichen 3 Ca 4283/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.01.2011 – 3 Ca 4283/10 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 5.084,22 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2010 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Urlaubsabgeltungsansprüche.

Der Kläger war seit dem 15.04.1999 bei der Beklagten, zuletzt als Filialleiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 01.10.1999 (Bl. 35 d.A.). Danach galten die Bestimmungen des örtlich maßgeblichen Tarifvertrages für den Einzelhandel einschließlich des entsprechenden Zusatzabkommens. Der Kläger arbeitete in einer sechs-Tage-Woche. Er erzielte zuletzt ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 3.240,– EUR brutto. Der Kläger ist schwerbehindert.

Ab dem 07.04.2009 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Am 04.05.2009 beantragte er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 11.06.2010 wurde dem Kläger rückwirkend ab dem 01.05.2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Mit Schreiben vom 25.06.2010 (Bl. 4 d.A.) wies die Beklagte darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers laut Arbeitsvertrag mit Ablauf des Monats ende, in dem der Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit festgestellt werde und der Kläger somit zum 30.06.2010 ausscheide. Unter dem 15.07.2010 (Bl. 110 d.A.) erwiderte der Kläger auf dieses Schreiben und bat die Beklagte, im Rahmen des Ausscheidens die ihm noch zustehenden Urlaubsabgeltungsansprüche auszuzahlen, ihm ein mindestens gutes Zeugnis zu erteilen sowie zu berücksichtigen, dass der Gesamtjahresurlaub 2010 fällig geworden sei, und im Übrigen den Zusatzurlaub aufgrund seiner Schwerbehinderung. Entsprechend einem internen Vermerk nahm die Beklagte eine Urlaubsabgeltung vor für folgende Tage: 21 Tage Urlaub 2010 (18 Tage Tarifurlaub + 3 Tage Schwerbehindertenurlaub).

In ihrer Verdienstabrechnung vom 23.07.2010 wies die Beklagte ohne weitere Spezifizierung eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.081,43 EUR sowie einen Anspruch wegen des Zeitkontos bei Austritt für 2,2 Stunden in Höhe von 34,78 EUR aus und zahlte den sich ergebenden Betrag von 2.116,21 EUR an den Kläger aus. Mit Anschreiben vom 06.09.2010 übermittelte der Kläger der Beklagten die Klageschrift des vorliegenden Verfahrens per Telefax mit dem Hinweis, dass er noch an einer außergerichtlichen Einigung interessiert sei. Seine am 27.09.2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage wurde der Beklagten am 01.10.2010 zugestellt. Mit ihr verfolgt der Kläger einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 7.165,65 EUR brutto abzüglich gezahlter 2.081,43 EUR netto für 37 Urlaubstage des Jahres 2009 und 20,5 Urlaubstage des Jahres 2010 bei einem durchschnittlichen Tagessatz von 124,62 EUR.

§ 15 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MTV) sieht in Abs. 2 einen Urlaub in Höhe von 36 Werktagen nach dem vollendeten 30. Lebensjahr vor. Darüber hinaus enthalten § 15 u.a. die folgenden Bestimmungen:

„…

(4) Jeglicher Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach mehr als dreimonatiger ununterbrochener Zugehörigkeit zu demselben Betrieb/Unternehmen. Die Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit wird nicht unterbrochen, wenn der Arbeitnehmer durch Krankheit oder einem sonstigen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden oder durch Betriebsstörungen an der Arbeitsleistung verhindert ist.

(5) Für das Urlaubsjahr, in dem das Arbeitsverhältnis beginnt oder endet, steht dem Arbeitnehmer nach mehr als dreimonatiger ununterbrochener Zugehörigkeit zu demselben Betrieb/Unternehmen für jeden vollen Beschäftigungsmonat 1/12 des Jahresurlaubs zu, soweit ihm nicht für diese Zeit von einem anderen Arbeitnehmer Urlaub gewährt worden ist. Bruchteile von Urlaubstagen sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

(6) Hat der Arbeitnehmer in den Fällen des Absatzes 5 bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür zu viel erhaltene Urlaubsentgelt zurückgefordert werden, sofern der Arbeitnehmer zu Recht fristlos entlassen worden ist oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis unberechtigt vorzeitig aufgelöst hat.

(7) Der Urlaub ist möglichst im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die...

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