Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Arbeitnehmer, der an bestimmten Tagen für bestimmte Schichten eingeteilt ist, arbeitsunfähig krank, hat er für diese Schichten Anspruch auf Entgeltfortzahlung, weil die Arbeit für ihn infolge Krankheit ausgefallen ist.

2. Es macht keinen Unterschied, ob die Schichteinteilung langfristig feststand oder kurzfristig festgesetzt worden ist.

 

Normenkette

EFZG § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 01.09.2008; Aktenzeichen 15 Ca 1741/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.09.2008 – 15 Ca 1741/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, in welchem Umfang aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ausgefallene Arbeitszeit auf dem Stundenkonto des Klägers gutzuschreiben ist.

Die Beklagte ist ein Druckereibetrieb. Sie beschäftigt etwa 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schichtbetrieb.

Der Kläger ist dort seit dem 29.09.2005 beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist der Manteltarifvertrag für die Druckindustrie der Bundesrepublik Deutschland (MTV) in Bezug genommen.

Die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden.

Hinsichtlich der Arbeitszeit besteht im Betrieb ein jeweils langfristiger Schichtplan. Hiernach arbeitet der Kläger in langfristig angesetzten Schichten. An schichtplanmäßigen Arbeitstagen arbeitet der Kläger jeweils acht Stunden. Die Beklagte verfährt bei der Berechnung der Gutschriften auf den Arbeitszeitkonten entsprechend der nachwirkenden Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit- und Freizeitplanung” vom 06.12.2001 in Verbindung mit der „Vereinbarung über eine Testphase in der Abteilung Weiterverarbeitung über Arbeitszeit- und Freizeitplanung und Arbeitszeitflexibilisierung” vom 15.03.2007.

Nach der Vereinbarung über eine Testphase in der Abteilung Weiterverarbeitung über Arbeitszeit- und Freizeitplanung und Arbeitszeitflexibilisierung werden über den langfristigen Schichtplan hinaus kurzfristige An- und Absagen von Schichten ermöglicht.

Im langfristigen Schichtplan war vorgesehen, dass der Kläger am 17.09.2007, 18.09.2007 und 19.09.2007 nicht arbeitet. Aufgrund der Vereinbarung über eine Testphase in der Abteilung Weiterverarbeitung über Arbeitszeit- und Freizeitplanung und Arbeitszeitflexibilisierung wurden für den Kläger kurzfristig die Schichten am 17.09.2007, am 18.09.2007 und am 19.09.2007 angesagt.

Der Kläger war damit einverstanden, arbeitete am 17.09.2007, war dann aber am 18.09.2007 und am 19.09.2007 arbeitsunfähig. Für diese beiden Tage schrieb die Beklagte keine Arbeitszeit gut. Dabei berief sich die Beklagte auf die bei ihr im Betrieb bisher praktizierte Verfahrensweise, bei der die Beklagte wie folgt verfährt: Wenn im langfristigen Schichtplan ein Arbeitstag eingetragen ist, diese Schicht aber von der Beklagten kurzfristig abgesagt wird, dann erhält der kranke Mitarbeiter trotzdem acht Stunden gutgeschrieben. Wenn umgekehrt im langfristigen Schichtplan keine Arbeit vorgesehen ist, aber von dem Beklagten kurzfristig Arbeit angesagt wird, dann erhält der kranke Mitarbeiter trotz der kurzfristig angesagten Schicht keine acht Stunden gutgeschrieben.

Auf die diesbezüglich anhängig gemachte Klage des Klägers hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß – Antrag zu 1) – verurteilt, dem Kläger für den 18.09.2007 und den 19.09.2007 jeweils acht Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben sowie ferner entsprechend dem Antrag zu 2) des Klägers festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Arbeitszeit, die nach Ansage gemäß 2.2 der Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit- und Freizeitplanung und Arbeitszeitflexibilisierung vom 15.03.2007 wegen Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausfällt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben.

Hiergegen richtet sich die streitgegenständliche form- und fristgerecht eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch fristgerecht begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beruft sich auf die bisher bei ihr praktizierte Verfahrensweise. Diese bestehe darin, kurzfristige An- und Absagen von Schichten bei der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen. Diese Abweichung vom Lohnausfallprinzip sei aufgrund von § 12 Abs. 1 u. 2 MTV erlaubt, ebenso durch die zusätzlich geschlossenen Betriebsvereinbarungen. Es liege insoweit eine zulässige abweichende Regelung im Sinne des § 4 Abs. 4 EFZG vor. Die Tarifvertragsparteien hätten gemäß § 4 Abs. 4 EFZG von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine andere Bemessungsgrundlage festzulegen. Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auch auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 05.11.2003 – 5 AZR 108/03. In dieser Regelung liegt auch keine Benachteiligung der Belegschaft, wozu die Beklagte sich auf verschiedene, im Schriftsatz vom 28.01.2009 im Einzelnen aufgeführte Konstellationen bezieht, auf die verwiesen wird.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln...

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