Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutzklage. Bestreiten. verspätetes Vorbringen. allgemeine Prozessförderungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer aus Textbausteinen zusammengesetzten anwaltlichen Kündigungsschutzklage enthaltene Formulierung, die Kündigung sei „weder durch Gründe, die in der Person oder dem Verhalten der klägerischen Partei liegen, noch durch dringende betriebliche Erfordernisse…bedingt”, enthält kein prozessual wirksames Bestreiten von im weiteren Prozessverlauf zur Rechtfertigung der streitigen Kündigung durch den Arbeitgeber vorgebrachten konkreten Tatsachen.

2. Wer als anwaltlich vertretene Klagepartei eine richterliche Frist zur Stellungnahme auf den Sachvortrag der Gegenseite missachtet, den ersten Kammertermin kurzfristig vertagen, im zweiten Versäumnisurteil gegen sich ergehen und die Einspruchsfrist ungenutzt verstreichen lässt und sodann am letzten Tag vor dem dritten Kammertermin nach 17 Uhr erstmals zum Tatsachenvortrag der Gegenseite Stellung nimmt, dessen Vorbringen ist nicht nur nach § 340 Abs. 3 S. 1 ZPO, sondern auch nach §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückweisen und bleibt nach § 67 Abs. 1 ArbGG auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1; ArbGG § 61a Abs. 5, § 64 Abs. 6, § 67 Abs. 1; ZPO §§ 138, 282, 296, 340, 520; BRAO § 53

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 12.01.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1387/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.01.2006 (3 Ca 1387/05) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in erster Linie um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung.

Die Klägerin war seit dem 01.09.2002 bei der Beklagten beschäftigt, und zwar zuletzt als Gruppenleiterin in der Finanzbuchhaltung mit drei ihr unterstellten Mitarbeiterinnen. Sie erzielte einen Bruttomonatsverdienst in Höhe von ca. 4.000,00 EUR.

Am 13.04.2005 hatte die Klägerin eine Abmahnung erhalten (Bl. 30 – 32 d. A.). Mit Schreiben vom 19.04.2005, der Klägerin zugegangen am selben Tage, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich fristlos und vorsorglich hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Im Kündigungsschreiben waren Kündigungsgründe nicht aufgeführt (Bl. 7 d. A.). Die Klägerin wandte sich an ihren späteren anwaltlichen Prozessbevollmächtigten. Auf dessen Aufforderung hin teilte der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem späteren Klägervertreter mit Anwaltschreiben vom 27.04.2005 die wesentlichen Kündigungsgründe mit (Bl. 26 – 28 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 03.05.2005, beim Arbeitsgericht Bonn eingegangen am 06.05.2005, erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Kündigungsschutzklage. Zur Kündigung der Beklagten vom 19.04.2005 wird darin wörtlich folgendes ausgeführt:

„Mit Schreiben vom 19.04.2005, der klägerischen Partei zugegangen am gleichen Tage, ist das Arbeitsverhältnis durch die beklagte Partei fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt worden.

Beweis: in Kopie anliegende Kündigung vom 19.04.2005.

Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate, nämlich von September 2002 an. Die Beklagte beschäftigt mehr als 5 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, ausschließlich Auszubildender.

Die Kündigung ist durch die Beklagte im Kündigungsschreiben nicht begründet worden.

Die klägerische Partei bestreitet die Einhaltung der Zweiwochenfrist für eine fristlose Kündigung.

Die weitergehende Kündigung ist auch sozial nicht gerechtfertigt.

Die Kündigung ist weder durch Gründe, die in der Person oder Verhalten der klägerischen Partei liegen, noch durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der klägerischen Partei im Betrieb der beklagten Partei entgegenstehen, bedingt. Es wird ausdrücklich die nicht ordnungsgemäße Durchführung der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG gerügt.

Bestritten wird vorsorglich die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats.”

Auf den vollständigen Text der Kündigungsschutzklage vom 03.05.2005 wird Bezug genommen (Bl. 1 – 9 d. A.).

Das Gericht bestimmte Gütetermin zunächst auf den 12.07.2005 und auf einen entsprechenden Vertagungsantrag des Klägervertreters hin sodann auf den 09.08.2005. Bereits am 08.07.2005 übermittelte der Beklagtenvertreter dem Gericht und der Gegenseite einen neunseitigen Klageerwiderungsschriftsatz zuzüglich Anlagen, in welchem er die – in Kurzform bereits in dem außergerichtlichen Schreiben an den Klägervertreter vom 27.04.2005 enthaltenen – verhaltensbedingten Kündigungsgründe im einzelnen darstellte und Beweis hierfür anbot.

Die Güteverhandlung vom 09.08.2005 blieb ohne Ergebnis (Protokoll Bl. 33 f. d. A.). Im Gütetermin verkündete der Vorsitzende daraufhin einen Beschluss, in welchem Kammertermin auf den 03.11.2005 anberaumt wird. Ferner heißt es in dem Beschluss: „Der Klägerseite wird aufgegeben, binnen 3 Wochen nunmehr insgesamt abschließend, insbes...

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