Entscheidungsstichwort (Thema)
Frühpensionierung. Besitzstand
Leitsatz (amtlich)
1. Enthält eine verschlechternde ablösende Betriebsvereinbarung zur Altersversorgung eine Besitzstandsregelung für „Frühpensionierungen”, so betrifft diese (u. a.) solche Regelungen, durch die sich der Arbeitgeber bei Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, dem Arbeitnehmer bis zur Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente eine Abfindung oder einen sonstigen Ausgleich zu zahlen.
2. Beim Fehlen sonstiger Anhaltspunkte kann der in einer Regelung vorgesehene „angemessene Ausgleich” von Nachteilen mit 50 % des insgesamt entstehenden Nachteils festgesetzt werden.
Normenkette
BetrAVG § 1; BGB § 315
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 18.01.2007; Aktenzeichen 6 Ca 2447/06) |
Tenor
Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19.07.2007 wird teilweise aufgehoben: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.01.2007 teilweise geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.367,93 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils aus 291,20 EURO brutto jeweils seit 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07. 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2005, 01.01., 01.02. und 01.03.2006 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger mit Wirkung ab 01.03.2006 über den mit Leistungsbescheid der Beklagten vom 28.02.2005 unter der PSVaG-NR.: 2003.1011.5857 zuerkannten Versorgungsanspruch von 221,16 EURO monatlich hinaus weitere 291,20 EURO brutto monatlich, mithin insgesamt 512,36 EURO monatlich, fällig jeweils am Letzten eines Monats, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 291,20 EURO brutto jeweils ab dem auf die Fälligkeit folgenden Monatsersten zu zahlen.
Im übrigen bleibt das Versäumnisurteil vom 19.07.2007 aufrechterhalten.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt jede Partei zu 50 % mit Ausnahme der Säumniskosten, die der Kläger allein trägt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger gegenüber dem Beklagten zustehende monatliche Betriebsrente.
Der am …1942 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.03.1962 bis 31.01.1996 bei der Firma G. AG beschäftigt. Ihm war auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung AV I/79, später geändert durch die Betriebsvereinbarung AV I/83, eine Betriebsrente zugesagt worden.
Aus Anlass der – verschlechternden – Betriebsvereinbarung AV I/83 wurde am 24.02.1984 eine Betriebsvereinbarung mit der Übergangsregelung von der Versorgungsordnung AV I in der Fassung vom 11.05.1979 zur Versorgungsordnung AV I in der Fassung vom 24.02.1984 abgeschlossen, nach deren Ziffer 1 die Versorgung der Pensionäre und die unverfallbaren Anwartschaften bis zum 30.06.1988 ausgeschiedenen Mitarbeiter durch die Neuordnung mit Wirkung vom 01.02.1983 unberührt bleiben. Nach Ziffer 2 wird bei Eintritt des Versorgungsfalles bis zum 30.06.1988 die Versorgungsleistung gewährt, die sich bei Anwendung der Versorgungsordnung vom 11.05.1979 (AV I 1979) … ergibt. In einer Protokollnotiz zu dieser Betriebsvereinbarung heißt es weiter u.a.:
Die Betriebsparteien sind darüber einig:
a) dass im Falle von Frühpensionierungen einzelner Mitarbeiter, die auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgen, etwaige Verluste in der Altersversorgung, die aufgrund der Versorgungsordnungen AV I 1979/1984 eintreten, ermittelt und angemessen ausgeglichen werden.
Der Kläger schied bei der Firma G. aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung vom 27.06.1995 mit dem 31.01.1996 aus, wobei er nach Ziffer 2 dieser Aufhebungsvereinbarung eine Abfindung in Höhe von 116.122,00 DM brutto erhielt. Der Abfindungsbetrag wurde aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt bei der Firma G. geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung Vorruhestandsregelung vom 16.08.1994 (Bl. 45 bis 50 GA) ermittelt, wobei für die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.02.1996 bis zum 31.01.2002 als Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns der Arbeitgeber den für den Kläger gegenüber dem Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe entstehenden Nachteil bis zur Höhe von 85 % des letzten Nettoeinkommens als Abfindung an den Kläger zahlte (vgl. Berechnung Bl. 53 GA). Unter Ziffer 6 der Aufhebungsvereinbarung heißt es, dass „mit der Überweisung des Abfindungsbetrages … alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis und dessen Beendigung abgegolten und erledigt sind”. Davon unberührt sind die eventuell erworbenen Rechte aus der betrieblichen Altersversorgung und dem Tarifvertrag.
Am 01.10.2003 wurde über das Vermögen der Firma G. das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger trat zum 01.12.2004 in den vorgezogenen Ruhestand und erhält seitdem auf der Basis des Leistungsbescheides des Beklagten vom 28.02.2005 (Bl. 18 ff. GA) einen monatlichen Rentenbetrag in Höhe von 221,16 EUR.
Der Kläger vertritt mit der vorliegenden Klage die Auffassung, dass die Protokollnotiz vom 24.02.1984 auf ihn zutreffe. Den Unterschied zwischen dem Versorgungsa...