Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Widerruf von Zulagen. „vollständige Anrechnung” und „Neufestsetzung” von Zulagen uno actu
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 22.12.1994; Aktenzeichen 8 Ca 5764/93) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.12.1994 – 8 Ca 5764/93 – abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000,– DM brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag seit dem 2. Juli 1993 zu zahlen,
- die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.700,– DM brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag seit dem 22.12.1994 zu zahlen,
- die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,– DM brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag seit dem 4. Mai 1995 zu zahlen,
- die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab Mai 1995 eine Leistungszulage in Höhe von weiteren 100,– DM zuzüglich zu dem unstreitigen Betrag von 400,– DM zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, ohne Mitbestimmung des Betriebsrats eine dem Kläger gewährte Leistungszulage im Zusammenhang mit einer Höhergruppierung des Klägers aufgrund eines neuen tariflichen Eingruppierungssystems zu reduzieren bzw. – wie die Beklagte meint – neu festzusetzen.
Der Kläger ist als Versicherungskaufmann seit 1973 bei dem beklagten Versicherungsunternehmen tätig. Die Parteien wenden die Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe auf ihr Arbeitsverhältnis an.
Seit 1979 ist der Kläger als Gruppenleiter „Leistung” tätig. Bis zum 30.09.1991 war er in der Gehaltsgruppe V der seinerzeit sieben Gehaltsgruppen gemäß dem Anhang zu § 4 Ziffer 1 MTV eingestuft. Darüber hinaus erhielt er Zulagen. Über solche verhält sich das Schreiben der Beklagten vom 08.08.1985 (Bl. 7 d. A.), welches – soweit hier relevant – auszugsweise lautet:
„Sehr geehrter Herr F.,
wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß Sie rückwirkend ab 01.07.1985 eine Erhöhung der bisherigen Leistungszulage um brutto DM 100,– auf monatlich brutto DM 500,– erhalten.
Nur der Ordnung halber machen wir auch heute darauf aufmerksam, daß diese Leistungszulage an Ihren jetzigen Arbeitsplatz gebunden ist. Sie wird ohne Rechtsanspruch und in stets widerruflicher Weise gewährt.
Ab 01.07.1985 erhalten Sie zu Ihren Bezügen nach TG V, 14. Berufsjahr, eine Tätigkeitszulage von monatlich brutto DM 100,–.
Diese Tätigkeitszulage ist an Ihren jetzigen Arbeitsplatz und an die Gehaltsgruppe V gebunden. Sie entfällt – wenn gleich aus welchen Gründen – die Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird oder eine Höhergruppierung erfolgt.
…”
Die tarifliche Gehaltsgruppeneinteilung wurde durch Änderungstarifvertrag mit Wirkung zum 01.01.1991 geändert. Über die richtige Eingruppierung der Gruppenleiter kam es zu einem Streit zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat. Daher teilte die Beklagte mit Schreiben vom 13.12.1991 dem Kläger mit, daß sie bis zum Abschluß des Mitbestimmungsverfahrens dem Kläger rückwirkend ab 01.01.1991 Bezüge entsprechend der Tarifgruppe VI zahlen werde. Dazu heißt es:
„Die Leistungszulage wird mit DM 150,– angerechnet.”
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in dem über die Mitbestimmung hinsichtlich der Eingruppierung geführten Beschlußverfahren kam es zu einer Eingruppierung des Klägers und weiterer sechs Gruppenleiter in Gruppe VII. Mit Schreiben vom 25.05.1993 teilte die Beklagte dem Kläger, der gegen die Anrechnung der Leistungszulage aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 13.12.1991 mit Schreiben vom 30.12.1991 (Bl. 11 d. A.) protestiert hatte, u. a. folgendes mit (Bl. 12 d. A.):
„Sehr geehrter Herr F.,
rückwirkend ab 01.01.1991 erhalten Sie Bezüge nach Gehaltsgruppe VII, 14. Berufsjahr. Ihr monatliches Bruttogehalt beträgt somit zur Zeit DM 6.054,– und setzt sich wie folgt zusammen:
Grundgehalt gem. obiger Einstufung DM 5.209,– Verantwortungszulage DM 365,– Leistungszulage DM 400,– Sozialzulage DM 40,– Treuezulage DM 40,– Bruttogehalt DM 6.054,–===========
Wir weisen darauf hin, daß beabsichtigt ist, das System der Leistungszulagen gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat neu zu regeln. …”
Mit Schreiben vom 31.05.1993 (Bl. 14 d. A.) widersprach der Kläger wiederum der Kürzung der Leistungszulage um 100,– DM. Die Kürzungen, die von den sieben Gruppenleitern außer den Kläger noch fünf weitere betrafen, sahen insgesamt so aus:
- vier Gruppenleiter „Leistung” (einschließlich des Klägers), die zuvor eine Leistungszulage von 500,– DM erhalten hatten, erhielten jetzt die Zulage in Höhe von 400,– DM.
- ein Gruppenleiter „Leistung”, der erst 1991 zum Gruppenleiter befördert worden war und eine Leistungszulage von 400,– DM erhielt, erhielt diese Zulage unverändert weiter,
- zwei Gruppenleiter „Orga” erhielten vor der Neueinstufung eine Zulage von 300,– DM, danach von 200,– DM.
Weder der Betriebsrat noch der Gesamtbetriebsrat der Beklagten wurden bei dieser Kürzung beteiligt.
Der Kläger meint, die...