Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeit während des vereinbarungsgemäß festgelegten Urlaubs infolge einer nicht dringlichen Operation
Leitsatz (amtlich)
1) Haben die Arbeitsvertragsparteien gemeinsam den Urlaub zeitlich festgelegt, ist auch der Arbeitnehmer an die Vereinbarung gebunden.
2) Die zeitliche Festlegung des Urlaubs wird hinfällig, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub arbeitsunfähig krank wird, weil während der Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch nicht erfüllt werden kann.
3) Auf die Nichterfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs kann sich der Arbeitnehmer nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB dann nicht berufen, wenn er die Arbeitsunfähigkeit durch eine medizinisch nicht gebotene Entscheidung, sich während des gewährten Urlaubs einer Operation zu unterziehen, herbeigeführt hat.
Normenkette
Bundesurlaubsgesetz § 7
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 06.09.1995; Aktenzeichen 20 Ca 8293/93) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.09.1995 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 20 Ca 8293/93 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Der Kläger war vom 01.08.1992 bis zum 31.12.1992 als Assistent der Geschäftsleitung zu einem monatlichen Bruttogehalt von 3.760,00 DM bei der Beklagten beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag enthielt zum Urlaub folgende Regelung:
„§ 8 Urlaub
Der Jahresurlaub beträgt zur Zeit 30 Arbeitstage. Er ist zeitlich mit dem Arbeitgeber abzustimmen. Der Urlaub eines Jahres ist bis zum 31. März des folgenden Jahres zu nehmen.
…”
Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten vom 25.11.1992 mit dem 31.12.1992. Bei Aushändigung des Kündigungsschreibens am 26.11.1992 erklärte die Beklagte, daß der Kläger seinen Urlaub in der Zeit ab 14.12.1992 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen solle. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Ab 27.11.1992 (Freitag) war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die attestierte Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum 11.12.1992. Daran schlossen sich ab 14.12. (Montag) drei Urlaubstage an. In der Zeit vom 17.12. bis zum 31.12.1992 war der Kläger erneut arbeitsunfähig krank, nachdem er sich einer Operation an den Hoden mit anschließender stationärer Behandlung unterzogen hatte.
Am 23.03.1993 verlangte er von der Beklagten unter anderem die Abgeltung von zehn Urlaubstagen mit der Begründung, daß er den ihm bei Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses erteilten Urlaub wegen der Arbeitsunfähigkeit am 17.12.1992 nicht habe in Anspruch nehmen können. Das lehnte die Beklagte ab.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger die Beklagte auf Urlaubsabgeltung für zehn Tage in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.709,00 DM brutto in Anspruch genommen und am 18.01.1995 ein obsiegendes Versäumnisurteil erwirkt, gegen das die Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat.
Der Kläger hat sodann nach Rücknahme der Klage wegen weiterer Forderungen beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten, soweit die Beklagte zur Zahlung von 1.709,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag ab 25.05.1993 verurteilt wurde.
Die Beklagte hat die Aufhebung des Versäumnisurteils und Klageabweisung beantragt.
Sie hat vorgetragen, die Operation an den Hoden sei im Dezember 1992 nicht erforderlich gewesen. Bei der Einstellung habe der Kläger zwar erklärt, daß eine solche Operation anstehe, jedoch ausdrücklich hinzugefügt, sie sei nicht dringlich, er werde sich nach Ablauf der Probezeit operieren lassen. Erst aufgrund der Kündigung habe sich der Kläger dann entschlossen, die Operation im Dezember 1992 durchführen zu lassen. Das Verhalten des Klägers sei arglistig, weil er sich der Arbeit bewußt entzogen habe, um Lohn ohne Arbeit und darüber hinaus einen Urlaubsabgeltungsanspruch zu erhalten.
Im übrigen hat die Beklagte die Ansicht vertreten, daß der Kläger allenfalls Abgeltung für neun Arbeitstage verlangen könne, da im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs am 18.03.1993 bis zum endgültigen Verfall des Urlaubsanspruches nur noch neun Tage Urlaub hätten gewährt werden können.
Der Kläger hat demgegenüber behauptet, der Arzt habe ihm dringend geraten, den Eingriff an den Hoden noch im Jahre 1992 vornehmen zu lassen. Im übrigen hat er bestritten, erklärt zu haben, die Operation sei nicht dringlich und werde erst nach der Probezeit durchgeführt.
Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag durch Urteil vom 06.09.1995 stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe, Blatt 32 ff. der Akten, wird verwiesen.
Gegen dieses ihr am 31.01.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.02.1996 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 29.03.1996 begründet.
Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und sie beruft sich erneut darauf, daß sich der Kläger mit dem ihm ab 14.12.1992 erteilten Urlaub ausdrücklich einverstanden erklärt habe. Die Operation sei im Dezember 1992 nicht notwendig gewesen. Sie bestreitet, daß der Arzt dem Kläger zur sofortigen Operation geraten habe.
Die Beklagte...