Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselschicht. Tagschicht. Weisungsrecht des Arbeitgebers. billiges Ermessen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Herausnahme eines Arbeitnehmers aus einer mit Wochenend- und Nachtarbeit verbundenen Wechselschicht bei gleichzeitiger Zuweisung zu einer montags bis freitags gleichbleibenden Tagschicht unterliegt grundsätzlich dem nach billigem Ermessen auszuüben Weisungsrecht des Arbeitgebers.
2. Bei der Ausübung seines Ermessens hat der Arbeitgeber auch die ihm erkennbaren berechtigten Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.
3. Dabei hat er keinesfalls automatisch davon auszugehen, dass sich eine Beibehaltung der Wechselschichttätigkeit für den Arbeitnehmer „günstiger” darstellen würde; denn den dort durch Nacht- und Wochenendzuschlägen begründeten besseren Verdienstmöglichkeiten stehen auf der anderen Seite eine wesentlich geringere gesundheitliche Belastung und wesentlich bessere Möglichkeiten der Freizeitdisposition gegenüber.
4. Die Umsetzung eines Arbeitnehmers von Wechselschicht in Tagschicht oder umgekehrt stellt keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs i. S. v. § 95 Abs. 3 BetrVG dar.
Normenkette
GewO § 106; BetrVG §§ 87, 95, 99; MTV DB Services § 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 29.10.2009; Aktenzeichen 6 Ca 688/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.10.2009 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis um Differenzlohnforderungen des Klägers für den Zeitraum Juni bis einschließlich September 2008.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 29.10.2009 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 02.02.2010 zugestellt. Er hat hiergegen am 11.02.2010 Berufung einlegen und diese unter dem 19.03.2010 begründen lassen.
Der Kläger und Berufungskläger hält an seiner Auffassung fest, dass die Beklagte rechtswidrig gehandelt habe, indem sie ihn nach seiner am 18.05.2008 endenden Erkrankung bis Ende September 2008 nicht mehr in Wechselschicht eingesetzt habe, was auch mit Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit verbunden sei, sondern nur noch in Tagschicht von montags bis freitags. Er könne daher einen Ersatz für die Zulagen beanspruchen, die ihm durch die Herausnahme aus der Wechselschicht im Zeitraum Juni bis September 2008 entgangen seien. Der Höhe nach übernimmt der Kläger und Berufungskläger nunmehr die Hilfsberechnung der Beklagten in deren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30.04.2009, dort unter Abschnitt IV.
Der Kläger meint, er habe bereits einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einsatz in Wechselschicht. Dies ergebe sich aus der Anlage zum Antrag auf Arbeitserlaubnis vom 01.09.1994 (vgl. Bl. 125 d. A.). Die Herausnahme aus der Wechselschicht ab dem 19.05.2008 stelle eine rechtsunwirksame Versetzung dar, zumal er zunächst sogar vorübergehend an einem anderen Ort, nämlich in Duisburg, eingesetzt worden sei. Die Unwirksamkeit der Versetzung von der Wechselschicht in die Tagschicht ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte ihren Betriebsrat hierzu weder nach § 99 BetrVG, noch nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beteiligt habe. Außerdem habe er in dem Verfahren Arbeitsgericht Köln 2 Ca 4900/08 am 25.07.2008 auch ein erstes Versäumnisurteil erstritten, durch welches die Beklagte verurteilt worden sei, den Kläger als Reiniger im Hauptbahnhof E in der dort ausgeübten Wechselschicht als Vollzeitkraft zu beschäftigen, und woran sich die Beklagte nicht gehalten habe. Hieran ändere sich auch nichts durch den später, nämlich am 03.09.2008, in diesem Verfahren abgeschlossenen Vergleich.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
dass erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.10.2009, zugestellt am 02.02.2010, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.067,69 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15.10.2008 zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Urteils und schließt sich der vom Arbeitsgericht hierfür gegebenen Begründung an. Darüber hinaus vertritt die Beklagte die Ansicht, dass sich bereits aus dem in dem Verfahren Arbeitsgericht Köln 2 Ca 4900/08 am 03.09.2008 abgeschlossenen rechtskräftigen Vergleich ergebe, dass sie sich nicht in Annahmeverzug befunden habe und überdies vom Kläger keine Schadensersatzansprüche (mehr) geltend gemacht werden sollten. Mit dem Vergleich vom 03.09.2008 habe man vielmehr übereinstimmend einen endgültigen Schlussstrich für die Zeit bis einschließlich September 2008 gezogen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers...