Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatz von Detektivkosten. Videoüberwachung

 

Leitsatz (amtlich)

Notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer verdeckten Videoüberwachung des Arbeitnehmers ist u. a., dass vor der Videoüberwachung bereits ein konkreter Verdacht einer Straftat oder einer sonstigen schwerwiegenden Verfehlung besteht. Ein „Generalverdacht” reicht nicht.

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 18.04.2006; Aktenzeichen 1 Ca 5921/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.04.2006 – 1 Ca 5921/05 h – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Erstattung von Detektivkosten, um Ersatz angeblich entwendeter Waren und um Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage hin die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 300,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

Gegen dieses ihr am 16.06.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.06.2006 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Klägerin legt dar, dass ihrer Auffassung nach die Videoüberwachung gerechtfertigt sei. Auch eine offene Videoüberwachung sei nicht in Frage gekommen, weil so die Beklagte nicht habe überführt werden können. Auch sei die Klägerin daran interessiert gewesen, grundsätzlich zu wissen, ob denn nun ihre Mitarbeiterin, die Beklagte, tatsächlich ihr gegenüber unehrlich gewesen sei. Eine Inventur habe nicht weiterführen können. Der Laden der Klägerin sei zwar klein, biete aber ein vielfältiges Sortiment an Lebensmitteln, so dass eine Inventur mit einem Arbeitsaufwand von jeweils mehreren Stunden verbunden gewesen wäre. Auch eine Kontrolle der Beklagten bei Verlassen der Geschäftsräume hätte lediglich den Nachweis dafür erbringen können, dass die Beklagte einmal Waren mitgenommen habe, die weder irgendwo eingetragen, noch bezahlt gewesen seien. Hier habe sich die Beklagte mit dem Hinweis, das Bezahlen bzw. die Eintragung der Waren vergessen zu haben, leicht herausreden können. Auch wäre sie dadurch gewarnt gewesen. Auch habe die Klägerin nicht gewusst, wann die Beklagte z. B. während der Arbeitszeit das Geschäftslokal verlasse.

Die Klägerin legt dar, was die Videoaufnahmen in Bezug auf Mitnahme oder Essen von Waren durch die Beklagte erbracht hätten. Insoweit wird auf Blatt 102 bis 105 d. A. Bezug genommen.

Des weiteren trägt die Klägerin vor, ab Anfang November habe es das Buch gegeben, in welchem alle Mitnahmen hätten aufgeschrieben werden müssen. Dies sei eine eindeutige Anweisung auch an die Beklagte gewesen. Schließlich habe sie, die Klägerin, am 02.01.2006 eine Inventur durchgeführt. Das Buch sei auch nicht verschwunden, es befinde sich bei der Klägerin und könne jederzeit vorgelegt werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.447,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.
  2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie trägt vor, zu keinem Zeitpunkt sei mit ihr oder mit einer Kollegin ein Gespräch darüber geführt worden, dass Waren verlustig gegangen seien. Allein dies – so die Beklagte – hätte dazu geführt, dass das Personal in Zukunft darauf geachtet hätte, dass von dritter Seite keine Waren mehr entwendet würden.

Zwischen den Parteien sei auch vereinbart gewesen, dass Waren mitgenommen werden dürften, dass diese Waren sodann auf entsprechendes Blatt oder in ein entsprechendes Buch eingetragen werden sollten. So sei es den Mitarbeitern auch gestattet gewesen, während der Dienstzeit Brot und sonstige Dinge zu verspeisen. Das Buch sei jedoch irgendwann verschwunden gewesen. Aus den Videoaufnahmen ergebe sich auch nicht, dass die Beklagte in irgendeiner Weise Dinge rechtswidrig entnommen habe.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung war zulässig, soweit der Klageantrag der Klägerin abgewiesen worden ist. Die Berufung ist insoweit form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie hatte jedoch insoweit in der Sache keinen Erfolg.

I. Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (03.12.1985 – 3 AZR 277/84 –; 17.09.1998 – 8 AZR 5/97 –) hat ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber anlässlich eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Pflichtverletzung überführt wird. Insoweit handelt es sich nicht um Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadenstiftenden Ereignissen als ständige Betrie...

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