Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgungskasse. Bäckerhandwerk. Geltungsbereich

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Beurteilung, ob der fachliche Geltungsbereich der Tarifverträge über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse und eines Förderwerkes für das Bäckerhandwerk erfüllt ist, ist der Betrieb des Arbeitgebers als Einheit zu betrachten und die den Betrieb prägende Zweckbestimmung, der Zweck der gesamten betrieblichen Tätigkeit, für die tarifliche Zuordnung maßgebend.

 

Normenkette

§ 1 TV über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für das Bäckerhandwerk, § 1 TV über die Errichtung eines Förderwerkes für das Bäckerhandwerk

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Urteil vom 10.04.2002; Aktenzeichen 3 Ca 1612/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.09.2003; Aktenzeichen 10 AZR 14/03)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 10.04.2002 – 3 Ca 1612/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Beiträge zur Z und zum F zu zahlen.

Die Klägerin zu 1) ist als gemeinsame Einrichtung des Z und der Gewerkschaft N auf Grund des Tarifvertrages über die Errichtung einer Z vom 20.02.1970 in der derzeit gültigen Fassung des Änderungstarifvertrages vom 30.08.1996 errichtet und erbringt Arbeitnehmern des B Beihilfen zur Erwerbsunfähigkeitsrente oder zum Altersruhegeld.

Der Kläger zu 2) ist als gemeinnützige Einrichtung des Z und der Gewerkschaft N auf Grund des Tarifvertrages über die Errichtung eines F für das B vom 20.02.1970 – zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 30.08.1996 – errichtet und zahlt Zuschüsse an die Arbeitnehmer des B bei Heil- und Erholungsmaßnahmen sowie Beihilfen an Einrichtungen zur beruflichen und staatsbürgerlichen Bildung.

Beide Tarifverträge sind allgemeinverbindlich.

Die beiden Tarifverträge regeln den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich wortgleich wie folgt:

㤠1 Geltungsbereich

b) fachlich: für die Betriebe, die das Bäckerhandwerk ausüben. Dabei handelt es sich um solche Betriebe, die überwiegend Brot, Brötchen, sonstiges Kleingebäck und feine Backwaren aus Blätter-, Mürbe- und Hefeteig herstellen und/oder vertreiben. Dazu zählen ferner solche Betriebe, die in Verbindung mit den in Satz 2 bezeichneten überwiegenden Tätigkeiten auch Torten und Desserts herstellen und/oder vertreiben.

c) Persönlich: Für alle Arbeitnehmer der unter b) genannten Betriebe.”

Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Zahlung der Beiträge für die Kalenderjahre 1999 und 2000 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 5.963,71 Euro nebst Zinsen aufgeteilt zu 79 % dieses Betrages an die Klägerin zu 1) und zu 21 % an den Kläger zu 2).

Der Beklagte ist Konditormeister und gleichzeitig Ober- und Landesinnungsmeister der Konditoren in Hessen und betreibt in D insgesamt fünf Geschäfte, von denen drei eine Gaststättenkonzession besitzen. Der Beklagte wendet für seinen Betrieb den Manteltarifvertrag und die sonstigen Tarifverträge des Landesverbandes der Konditoren Hessen an. Die vom Landesinnungsverband mit dem Bund der Hotel-, Restaurant- und Cafeangestellten, Union Ganymed e. V. abgeschlossen worden sind.

Der Beklagte beruft sich darauf, dass unter Berücksichtigung seines Betriebes, seiner Betriebsorganisation und der in seinem Betrieb ausgeübten und von Konditoren beaufsichtigten Tätigkeiten der Betrieb insgesamt dem Konditorenhandwerk zuzuordnen sei hilfsweise seien nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zu Fällen sog. Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität die Tarifverträge des Landesverbandes der Konditoren Hessen als speziellere Tarifverträge anzuwenden, die die Bestimmungen des Tarifvertrages über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse und die Bestimmungen des Tarifvertrages über die Errichtung eines F verdrängten.

Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung der Beiträge für die Abrechnungsjahre 1999 und 2000 gerichtete Klage der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Von der Gesamtarbeitszeit im Betrieb des Beklagten entfielen auf typische Bäckertätigkeiten betreffend die Produktion von Brot und Brötchen einerseits wie auf typische Konditorentätigkeiten andererseits nur der geringere Anteil der Gesamtarbeitszeit. Der überwiegende Anteil der Gesamtarbeitszeit bestehe in der Wahrnehmung sog. Mischtätigkeiten, die sowohl dem Bäckerhandwerk wie auch dem Konditorenhandwerk zuordnungsfähig seien.

Dabei ist das Arbeitsgericht von folgenden Zahlen ausgegangen:

Kalenderjahr 1999

Kalenderjahr 2000

Gesamtarbeitszeit

27.800 Stunden

Gesamtarbeitszeit

28.910 Stunden

Bäckerbereich

7.940 Stunden

Bäckerbereich

7.040 Stunden

Konditorenbereich

2.342 Stunden

Konditorenbereich

2.420 Stunden

Sowohl-als-auch-Tätigkeiten

18.590 Stunden

Sowohl-als-auch-Tätigkeiten

21.860 Stunden

Die nach Backwaren aufgeschlüsselte Stundenaufstellung des Beklagten für die Jahre 1999 ergibt zusammengerechnet bei Korrektur geringfügiger Rechenfehler des Beklagten ...

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