Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Provisionsberechtigung aus Vertragsabschlüssen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist im Arbeitsvertrag die Zuweisung und Änderung der Betreuung von Alt- und Neukunden vereinbart, kann der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts unter Beachtung billigen Ermessens dem Arbeitnehmer Altkunden aus der Betreuung entziehen und vermehrt Neukunden zuweisen.
2. Entzieht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Altkunden, ist bezüglich dieser Kunden ausschließlich der Mitarbeiter provisionsberechtigt, der den Abschluss mit dem Kunden herbeigeführt hat und zu diesem Zeitpunkt als Bearbeiter des Kunden benannt war.
Normenkette
GewO § 106 S. 1; BGB § 315; HGB §§ 65, 87
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 25.06.2021; Aktenzeichen 19 Ca 243/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.06.2021 - 19 Ca 243/21 - teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.779,00 € ab dem 01.06.2021 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte ihr Direktionsrecht durch Entzug von Kunden, die die Klägerin bisher betreut hat und Zuweisung von Neukunden ordnungsgemäß ausgeübt hat.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zwischenzeitlich hat die Beklagte einen streitgegenständlichen Betrag von 1.779,00 € brutto an die Klägerin gezahlt. Insoweit haben die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil mit der Rechtsansicht, die Beklagte habe ihr Direktionsrecht überschritten. Mit der Betreuung von Bestandskunden sei eine Provisionschance verbunden, die bei Neukunden nicht in gleicher Weise gegeben sei. Der Eingriff in die Vergütungserwartung der Klägerin sei so schwerwiegend, dass dies nur mittels Änderungskündigung zulässig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.06.2021,Az. 19 Ca 243/21 abzuändern und
- die Beklagte zu verurteilen, ihr zur selbstständigen Bearbeitung entsprechend ihrer Tätigkeit als Senior Account Managerin die Kunden-Accounts der Unternehmen M AG inklusive der Tochtergesellschaften: R , M D GmbH, M C & C , R Konzern inklusive der Tochtergesellschaften: T , D T , L , P , N , W , a , R T G , G , O Konzern einschließlich O S T sowie B .de, D S inklusive der Tochtergesellschaften: S , R , P D GmbH zuzuordnen.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1 wird beantragt:
- festzustellen, dass der Entzug der folgenden Kunden-Accounts bei der klagenden Partei durch die Beklagte rechtswidrig war: Kunden-Accounts der Unternehmen M AG inklusive der Tochtergesellschaften: R , M D GmbH, M C & C , R Konzern inklusive der Tochtergesellschaften: T , D T , L , P , N , W , a , R T G , G , O Konzern einschließlich O S T sowie B .de, D S inklusive der Tochtergesellschaften: S , R , P D .
Unbedingt wird ferner beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Bestandskunden im angemessenen Ausmaß zuzuordnen.
- die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei Zinsen aus 1.779,00 Euro brutto i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu zahlen.
- festzustellen, dass die Beklagte zum 01.09.2021 verpflichtet ist, an die Klägerin 85.800,00 € Provision für den nun abgeschlossenen Deal mit der O S T GmbH (# ) gemäß Compensation Plan 2021 zu zahlen.
- die Beklagte zu verurteilen, die Provision i. H. v.85.300,00 € aus dem abgeschlossenen Deal mit der O S T GmbH (# ) auf das Umsatzziel der Klägerin für das Jahr 2021 gegenzurechnen.
- die Beklagte zu verurteilen, den Deal mit der O S T GmbH (# ) in der internen Kommunikation im Namen der Klägerin als die zuständige Mitarbeiterin zu kommunizieren.
- die Beklagte zu verurteilen, den vorgenannten Deal mit der O S T GmbH (# ) bei der Qualifikation zum "Presidents-Club" zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Ansicht, die Ausübung des Direktionsrechts bewege sich im vertraglich zulässigen Rahmen. Die Klägerin sei durch Arbeitsvertrag verpflichtet, sowohl Bestandskunden als auch Neukunden zu bearbeiten. Die zugewiesenen Kunden erfüllten diese Voraussetzungen. Der Entzug der hier streitigen Altkunden C und D sei bereits im ersten Quartal 2017 erfolgt und beruhe auf dem Wunsch der Klägerin, diese Kunden abzugeben. Die Klägerin hat hierzu behauptet, der Entzug sei deshalb veranlasst worden, weil die Beklagte von diesen Kunden Umsatz erwartet habe, der aber nicht kam.
Im Übrigen vertritt die Beklagte die Ansicht, sie habe die Altkunden mit sachlichem Grund entzogen, da die Klägerin seit ...