Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Arbeitnehmers auf den nicht verfallenen Lohnanspruch in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Berechnung des Mutterschutzlohns nach § 18 MuSchG nach den Vorgaben des § 21 MuSchG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ausschlussfristenregelung des § 2 Nr. 4 TV Mindestlohn ist insoweit unwirksam, als sie die Geltendmachung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn beschränkt.

2. Soweit der Mutterschutzlohn gemäß § 18 MuSchG nach den Vorgaben des § 21 MuSchG berechnet werden muss, ist dabei sicher zu stellen, dass Frauen, die aufgrund mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote Entgeltausfälle haben, nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden dürfen, als wenn sie durchgängig gearbeitet hätten.

3. Der Tatbestand einer Mehrarbeit in einem Monat genügt nicht zur Annahme einer einvernehmlichen Vertragsänderung hinsichtlich der Arbeitszeit. Vielmehr bedarf es zudem geeigneter Absprachen zwischen den Arbeitsvertragsparteien.

 

Normenkette

MiLoG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 24.03.2022; Aktenzeichen 4 Ca 2439/21)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.03.2022 - 4 Ca 2439/21 - unter Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 472,17 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 19 % und die Klägerin zu 81 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung für den Zeitraum Januar 2021 bis April 2021.

Die Klägerin war zuletzt bei der Beklagten, einem Unternehmen mit dem Schwerpunkt der Gebäudereinigung, auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 10.12.2020 als Reinigungskraft in Teilzeit ab dem Januar 2021 beschäftigt. Nach Ziffer 2.1 Satz 4 des Anstellungsvertrages beträgt die Arbeitszeit an den Tagen Montag, Mittwoch und Donnerstag jeweils 2 Stunden und an den Tagen Dienstag und Freitag jeweils 3,5 Stunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages vom 10.12.2020 wird auf Bl. 27 ff. d.A. verwiesen.

Die schwangere Klägerin arbeitete bis zum 21.01.2021, dem Beginn eines ärztlich angeordneten individuellen Beschäftigungsverbots, über die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit weitere zwei Stunden pro Arbeitstag bei der Firma A. Im Februar 2021 erlitt die Klägerin eine Fehlgeburt, das Beschäftigungsverbot endete am 05.02.2021. In der Folgezeit war die Klägerin bis zum 19.04.2021 arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis endete einvernehmlich zum 30.04.2021.

Die Beklagte vergütete die Klägerin wie folgt:

Januar 2021 =

860,48 € brutto

Februar 2021 =

461,07 € brutto

März 2021 =

333,30 € brutto

April 2021 =

885,73 € brutto

Mit Schreiben vom 12.05.2021 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung einer Vergütung für die Monate Januar 2021 bis April 2021 auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden auf (Bl. 11 f. d.A.); mit Schreiben vom 29.06.2021 unter Fristsetzung bis zum 09.07.2021 forderte die Klägerin erfolglos die Zahlung eines monatlichen Bruttoarbeitsentgelts für die genannten Monate i.H.v. 1066,56 € brutto (Bl. 15 f. d.A.).

Das Arbeitsgericht Aachen hat mit Urteil vom 24.03.2022 (Bl. 103 ff. d.A.) die Klage, mit der die Klägerin die Zahlung einer Restvergütung auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden für die Zeit vom Januar 2021 bis April 2021 geltend macht, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe eine Vertragsänderung im Sinne einer Steigerung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitszeit von 13 auf 23 Wochenstunden nicht ausreichend dargelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 18.07.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.07.2022 Berufung eingelegt und diese am 15.09.2022 begründet.

Die Klägerin nimmt Bezug auf den Vortrag erster Instanz. Es sei mündlich eine wöchentliche Arbeitszeit von 23 Stunden vereinbart und praktiziert worden. Die Parteien hätten den Arbeitsvertrag vom 10.12.022 nicht mehr vor Augen gehabt und z.B. das Arbeitsverhältnis über den arbeitsvertraglich vereinbarten Befristungstermin (31.01.2021) fortgeführt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 24.03.2022 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Aachen, Aktenzeichen 4 Ca 2439/21, die Beklagte zu verurteilen,

  1. an die Klägerin ausstehenden Lohn für Januar 2021 in Höhe von 1.066,56 € brutto abzüglich gezahlter 605,24 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.07.2021 zu zahlen;
  2. an die Klägerin Lohn für Februar 2021 in Höhe von 1.066,56 € brutto abzüglich gezahlter 369,39 € netto nebst Zinsen in Höhe von ...

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