Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente. Weihnachtsgeld. betriebliche Übung. Widerruf. gegenläufige betriebliche Übung
Leitsatz (redaktionell)
Hat ein Arbeitgeber in der Vergangenheit vorbehaltlos eine Leistung erbracht und ist dadurch im Wege betrieblicher Übung eine Bindung für die Zukunft entstanden, muss der Arbeitgeber in besonderer Weise klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er sich von dieser betrieblichen Übung lösen und einen Rechtsanspruch für die Zukunft nunmehr ausschließen wolle. Ohne eine entsprechende eindeutige Erklärung, die insbesondere darauf gerichtet sein muss, Ansprüche für die Zukunft auszuschließen, kann er nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitnehmer durch Schweigen mit einer Änderung der betrieblichen Übung einverstanden ist.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 242; BetrAVG § 1b
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 08.05.2007; Aktenzeichen 13 Ca 10660/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.05.2007 – 13 Ca 10660/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger bezieht von der Beklagten Leistungen nach Maßgabe betrieblicher Altersversorgung.
Seit 1992 zahlte die Beklagte an alle Betriebsrentner jeweils im November einen Betrag in Höhe von 500,00 DM als „Weihnachtsgeld”.
Nach der Währungsumstellung auf Euro wurde die Zahlung jeweils in Höhe von 250,00 EUR geleistet.
In einem Schreiben der Beklagten an ihre Betriebsrentner vom 22.01.2002 heißt es:
„Im Rahmen der Überarbeitung des Sozialleistungstableaus der R Gesellschaften hat der Vorstand entschieden, dass die freiwillige Zahlung, die sie in der Vergangenheit gemeinsam mit ihrer Rentenzahlung im November erhielten, nur noch bis 2004 geleistet wird.
Den Geschenkgutschein zu Weihnachten erhielten Sie letztmals in 2001.”
In den Novemberabrechnungen der Jahre 2002 bis 2004 ist die Zahlung des Weihnachtsgeldes als „Versorgungsbezug freiwillige Leistung” bezeichnet.
In den Jahren 2005 und 2006 zahlte die Beklagte kein Weihnachtsgeld mehr.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 250,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2006 zu zahlen.
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 250,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche zuerkannt und hierzu angenommen, dass durch die jahrelange Zahlung des Weihnachtsgeldes an Betriebsrentner eine so genannte betriebliche Übung entstanden sei, die insbesondere nicht nach Maßgabe einer sogenannten gegenläufigen betrieblichen Übung wieder entfallen sei.
Voraussetzung für eine solche gegenläufige betriebliche Übung sei nämlich, dass sich die Veränderung unmittelbar auswirke und der Arbeitnehmer in Kenntnis dieser Auswirkungen weiterarbeite, obwohl nach der Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ein ausdrücklicher Widerspruch zu erwarten gewesen wäre. Dem Schweigen des Klägers auf das Schreiben an die Betriebsrentner vom 22.01.2002 sowie dem Untätigbleiben nach Erhalt der Novemberabrechnungen der Jahre 2002 bis 2004 komme ein derartiger Erklärungswert nicht zu.
Da bereits eine gegenläufige betriebliche Übung nicht vorliege komme es auch nicht darauf an, ob die nachträgliche Implementierung eines „Freiwilligkeitsvorbehalts” auch im Betriebsrentenrecht dem Transparenzerfordernis für Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalte genügen müsse. Ergänzend wird auf die Begründung des Urteils erster Instanz Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 27.08.2007 zugestellte Urteil erster Instanz wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 28.08.2007, die sie am 31.08.2007 begründet hat.
Die Berufung nimmt in Anspruch, dass das Entstehen einer betrieblichen Übung schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Grundsätze der so genannten betrieblichen Übung auf Betriebsrentner nicht anwendbar seien. Jedenfalls sei eine etwaige bestehende betriebliche Übung aufgrund eines Freiwilligkeitsvorbehalts der Beklagten nicht begründet worden. Ein derartiger Freiwilligkeitsvorbehalt sei der erbrachten Zahlung immanent, da diese an Personen erfolgt sei, welche sich schon im Rentenbezug befanden, so dass die Freiwilligkeit der Zahlung von vornherein hieraus erkennbar sei.
Der Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes aus betrieblicher Übung bestehe aber jedenfalls deswegen nicht, weil sich die Beklagte den Widerruf der Zahlung vorbehalten und die Weihnachtsgeldzahlung wirksam widerrufen habe. Der Widerrufsvorbehalt ergebe sich wiederum direkt aus der Leistungsgewährung und sei dieser immanent gewesen, so dass kein Vertrauen begründendes Verhalten im Hinblick auf eine vorbehaltlose Zahlung anzunehmen sei.
Dieser Widerruf sei mit Schreiben der Beklagten vom 22.01.2001 erklärt und entspreche billigem Ermessen, da es sich bei der Einstellung der jährlichen Zahlung von 250,00 EUR an B...