Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenart der Arbeitsleistung als Befristungsgrund. Rundfunkfreiheit und Wahl des Arbeitsvertragsinhalts. Tätigkeit von Redakteuren ist programmgestaltend
Leitsatz (amtlich)
1. Bedient sich eine Rundfunk- und Fernsehanstalt eines 100%-igen Tochterunternehmens, um seine Nachrichtenformate inhaltlich zu gestalten und technisch zu produzieren, und liegt die medienrechtliche Verantwortung für die produzierten Beiträge bei dem Geschäftsführer des Tochterunternehmens, der in Personalunion auch die Funktion eines Chefredakteurs ausübt, so verwirklicht sich die geistig-ideelle Zielsetzung, die den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit eröffnet, in der programmgestaltenden Tätigkeit der Mitarbeiter des Tochterunternehmens.
2. Die Tätigkeit von Redakteuren für eine Rundfunk- und Fernsehanstalt ist typischerweise programmgestaltend. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der Einfluss des Redakteurs/der Redakteurin auf die inhaltliche Gestaltung der Beiträge, an denen er/sie mitwirkt, so gering ist, dass schlechterdings eine "persönliche Handschrift" nicht mehr erkennbar ist.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 07.03.2013; Aktenzeichen 10 Ca 5597/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.03.2013 in Sachen 10 Ca 5597/12 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 Nr. 4 TzBfG sowie einen entsprechenden Beschäftigungsantrag.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Entfristungs- und Beschäftigungsklage der Klägerin abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 07.03.2013 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 02.04.2013 zugestellt. Sie hat hiergegen am 08.04.2013 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 03.06.2013, begründet.
Die Klägerin führt aus, das Arbeitsgericht Köln habe verkannt, dass sie in Wirklichkeit nicht als programmgestaltende Mitarbeiterin tätig gewesen sei. Das Arbeitsgericht habe sie mit einem Cutter verglichen, dabei aber verkannt, dass nach der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG Cutter gerade nicht programmgestaltend tätig sind.
Einer programmgestaltenden Tätigkeit stehe auch entgegen, dass bei der Beklagten das sogenannte Chefredakteursprinzip gelte: Entscheidungsbefugt über die Inhalte des Programms und der Beiträge sei danach der Chefredakteur oder eine ihm gleichwertige Person, nicht jedoch sie, die Klägerin bzw. die auf ihrer Ebene angesiedelten Mitarbeiter.
Die Klägerin wiederholt, dass sie bei den Sendungen und Beiträgen, an denen sie mitgewirkt habe, nie live zu sehen gewesen sei, dass ihr die Themen und deren inhaltlicher Tenor stets vorgegeben worden seien, und zwar durch die CvD-Sitzung am Morgen des Sendetages, an der sie nicht teilzunehmen hatte. Vor Ort habe sie in der Gesamtzeit ihrer Beschäftigung nur insgesamt ungefähr 10 Beiträge erstellt.
Ferner macht die Klägerin geltend, dass sie zu ungefähr 90 % damit beauftragt gewesen sei, die sogenannten Aufmacher zu erstellen, d. h. diejenigen Beiträge, die in dem zweistündigen Nachrichtenmagazin Punkt 12 an erster Stelle gesendet würden. Diese Aufmacher hätten meist tagesaktuelle Themen zum Gegenstand, die ohne ihre Mitwirkung in der morgendlichen CvD-Konferenz festgelegt und vorstrukturiert würden und bei denen die Einflussnahme durch den jeweiligen Chef vom Dienst besonders intensiv sei.
Außerdem habe das Arbeitsgericht eine fehlerhafte Interessenabwägung vorgenommen. Es habe nämlich nicht berücksichtigt, dass die RTL-Mediengruppe viele Jahre lang Haustarifverträge praktiziert habe, in denen eine maximale Befristungsdauer von nur drei Jahren festgelegt worden sei. Demnach sei die R -Mediengruppe selbst nicht davon ausgegangen, dass es aus programmgestaltend-schöpferischen Gründen unumgänglich sei, Mitarbeiter wie sie, die Klägerin, dauerhaft nur befristet zu beschäftigen.
Schließlich bleibt die Klägerin auch dabei, dass sich die Beklagte schon nicht auf die Rundfunkfreiheit berufen könne, da es sich bei ihr nicht selbst um einen Programmanbieter, sondern nur um einen bloßen Zulieferer für R als Sender handele.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.03.2013, Az.: 10 Ca 5597/12, abzuändern und
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten aufgrund der Befristung vom 11.11.2010 zum 30.06.2012 nicht beendet ist;
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin gemäß den letztgültigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 11.11.2010 über den 30.06.2012 hinaus weiter ...