Entscheidungsstichwort (Thema)

Zutrittsrecht von Gewerkschaftsbeauftragten zur Begleitung und Unterstützung einer Betriebsratswahl. Eilantrag der Gewerkschaft auf Unterlassung der Zutrittsverweigerung durch die Arbeitgeberin

 

Leitsatz (amtlich)

1.Der Wahlvorstand für die Wahlen zum Betriebsrat hat das Recht, Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft als Berater zur Begleitung und Unterstützung der Betriebratswahl zu seinen Sitzungen hinzuzuziehen (vgl. Richardi-Thüsing § 16 BetrVG RNr. 53, Richardi § 2 BetrVG RNr. 106, ErfK-Koch § 18 BetrVG RNr. 1).

2. Der Arbeitgeber kann das Zugangsrecht der Gewerkschaft zu den Betriebsräumen nicht dadurch abwehren, dass er dem Wahlvorstand und der Gewerkschaft anbietet, die Sitzungen außerhalb des Betriebsgeländes durchzuführen, denn der Wahlvorstand kann seinen Aufgaben regelmäßig nur dann ordnungsgemäß nachkommen, wenn er seine Sitzungen im Betrieb durchführt.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940; ArbGG § 62 Abs. 2; BetrVG § 2 Abs. 2, § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 02.10.2013; Aktenzeichen 2 BVGa 11/13)

 

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Schwerin vom 2. Oktober 2013 (2 BVGa 11/13) wird

1. der beteiligten Arbeitgeberin aufgegeben es bis zum Ende der Amtszeit des beteiligten Wahlvorstandes zu dulden, dass die Beauftragten der beteiligten Gewerkschaft Herr B. C. und Frau K. W. nach Aufforderung durch den beteiligten Wahlvorstand den Betrieb der beteiligten Arbeitgeberin am Betriebssitz C-Straße, C-Stadt, betreten, um an den Sitzungen des beteiligten Wahlvorstandes teilzunehmen, sofern das Erscheinen von Herrn C. oder von Frau W. 36 Stunden oder länger vor dem Zeitpunkt des Betretens des Betriebes der beteiligten Arbeitgeberin bekannt gemacht worden ist;

2. der beteiligten Arbeitgeberin aufgegeben, im Falle der Verhinderung der Mitarbeiter der beteiligten Gewerkschaft Herr C. oder Frau W. den Zutritt eines von der beteiligten Gewerkschaft benannten Vertreters/einer Vertreterin zum Wahllokal C-Straße, C-Stadt, am 25.11.2013 mit einer Ankündigungsfrist von 36 Stunden unter Nennung der Namen des oder der Vertreterin ab 14:00 Uhr zu dulden;

3. der beteiligten Arbeitgeberin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 oder 2 des Beschlusses die Verhängung eines Ordnungsgeldes angedroht, dessen Höhe im Einzelfall festzulegen sein wird, das jedoch für jeden Einzelfall bis zu 10.000 Euro betragen kann.

 

Gründe

I.

Im Betrieb der beteiligten Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) ist ein Wahlvorstand gebildet worden (Beteiligter zu 3), der mit Wahlausschreiben vom 8. Oktober 2013 die erstmalige Wahl eines Betriebsrats für die Arbeitnehmer der beteiligten Arbeitgeberin eingeleitet hat. Die Arbeitgeberin hat der antragstellenden Gewerkschaft (Beteiligte zu 1) den Zutritt zu ihren Betriebsräumen verwehrt. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verfolgt die Gewerkschaft das Ziel, die Arbeitgeberin dazu zu zwingen, den Zutritt von Beauftragten der Gewerkschaft zum Betrieb zu dulden.

Die beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche, das Montage- und Wartungsarbeiten für Windenergieanlagen der Firma E. im nordostdeutschen Raum durchführt. Funktionsähnliche Unternehmen mit ähnlichen Namen gibt es auch in anderen Regionen in Deutschland. Auf Betreiben der beteiligten Gewerkschaft wird derzeit versucht, in all den Betrieben dieser Unternehmen Betriebsräte zu gründen. Wie aus verschiedenen von den Beteiligten überreichten Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit hervorgeht, gibt es ähnliche Konflikte auch in mehreren anderen Schwester-Unternehmen der beteiligten Arbeitgeberin.

Der dreiköpfige beteiligte Wahlvorstand arbeitet vom Betriebssitz in C-Stadt aus. Nach dem Wahlausschreiben arbeiten bei der beteiligten Arbeitgeberin - einschließlich der Leiharbeitnehmer im Sinne von § 7 BetrVG - über 200 Arbeitnehmer. Diese verteilen sich auf den Betriebssitz in C-Stadt sowie auf die verschiedenen Servicepunkte in Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Brandenburg. Die Stimmabgabe findet in der Zeit vom 20. November 2013 bis zum 25. November 2013 statt, die Stimmauszählung ist für Montag, den 25. November ab 14:00 Uhr am Betriebssitz in C-Stadt vorgesehen. Innerhalb der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen (22. Oktober 2013) ist eine Liste eingereicht worden.

Der Wahlvorstand hat in einer Art Grundsatz- oder Vorratsbeschluss am 18. September 2013 beschlossen, zu allen regelmäßigen Sitzungen des Wahlvorstandes (wöchentlich mittwochs) Berater der IG M. (beteiligte Gewerkschaft) "zur Unterstützung" einzuladen (Anlage 9, hier Blatt 241, es wird Bezug genommen). Diese Sitzung fand in einem Raum am Betriebssitz in C-Stadt statt und an dieser Sitzung nahmen auch zwei Beauftragte der Gewerkschaft teil (Herr C. und Frau W.).

Schon für die darauf folgende Sitzung des Wahlvorstandes am 25. September 2013 hat die beteiligte Arbeitgeberin den Zutritt von Beauftragten der beteiligten Gewerkschaft zum Betriebsgelände verboten un...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge