Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert einer einstweiligen Verfügung des Betriebsrates auf Unterlassung einer Betriebsstillegung bis zum Abschluß der Verhandlungen über einen Interessenausgleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine einstweilige Verfügung, mit der der Betriebsrat dem Arbeitgeber untersagen will, vor Durchführung von Verhandlungen zum Zwecke eines Interessenausgleichs gemäß § 111 BetrVG die zur Betriebsstillegung beabsichtigten Kündigungen auszusprechen, bildet eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Maßgeblich für die Bewertung ist nicht das Interesse der betroffenen Arbeitnehmer am Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse oder das Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung der Betriebsänderung, sondern das Interesse des Betriebsrates an der Wahrung seines Beteiligungsrechtes. Der Gegenstandswert ist deshalb nicht anhand des Einkommens der betroffenen Arbeitnehmer zu bilden, sondern anhand des in § 8 Abs 2 S 2 BRAGO (juris: BRAGebO) bezifferten Hilfswertes, nach der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer und deren Relation zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer des Betriebes. Da eine Betriebsänderung durch Personalabbau gemäß § 111 BetrVG mindestens die Entlassung von sechs Arbeitnehmern voraussetzt, ist für jeweils sechs betroffene Arbeitnehmer der Hilfswert von DM 8.000,-- anzusetzen. Der sich daraus ergebende Betrag ist um den Prozentsatz der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer zur Gesamtbelegschaft zu vermehren, im Falle einer gänzlichen Betriebsschließung also zu verdoppeln.
2. Die in § 12 Abs 5 ArbGG bestimmte Kostenfreiheit des Beschlußverfahrens erfaßt auch das anschließende Streitwertbeschwerdeverfahren.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers sowie die der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 26.04.2000 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt
1. an den Kläger 989,-- DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich daraus
ergebenden Nettobetrag seit dem 28. Oktober 1999 zu zahlen,
2. an den Kläger ab November 1999 eine betriebliche Rente in Höhe von
549,48 DM brutto monatlich zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 76,4 %, die Beklagte zu
23,6 %.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 15.084,-- DM.
Die Revision wird zugelassen.
Fundstellen
Haufe-Index 610550 |
NZA 2001, 1160 |
MDR 2001, 337 |
NZA-RR 2001, 551 |