Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzschutz von Wertguthaben. Ausschluss der sozialrechtlichen Durchgriffshaftung gegen GmbH-Geschäftsführer wegen nicht gesicherter Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen
Leitsatz (amtlich)
Die Durchgriffshaftung nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV gegen die Organe einer juristischen Person findet auf die gesetzliche Regelung zur Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen nach § 8a AltTZG keine Anwendung.
Normenkette
ATG § 8a; SGB IV § 7e; GmbHG §§ 13, 43; AltTzG § 8a Abs. 1 S. 1 Hs. 2; SGB IV § 7e Abs. 7 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 27.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 310/13) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.05.2014 - 2 Ca 310/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Nebenintervention im Berufungsverfahren trägt die Nebenintervenientin.
3. Die Revision gegen diese Entscheidung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die persönliche Haftung der drei Beklagten, die bei der P + S Werften GmbH (künftig Gemeinschuldnerin) als Geschäftsführer tätig waren, für nicht gesichertes Wertguthaben aus einem Altersteilzeitvertrag.
Die klagende Partei hat am 04.05.2007 mit der damaligen P.-Werft GmbH einen am 01.08.2007 beginnenden Arbeitsvertrag für verblockte Altersteilzeit abgeschlossen. Die Freistellungsphase begann am 01.08.2010. Vor dem Hintergrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin erhielt die klagende Partei in der Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.10.2012 Insolvenzgeld und danach Sozialleistungen. Die von der klagenden Partei als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen im Zusammenhang mit den Folgen einer zwischen den Parteien streitigen Insolvenzsicherung wurden dort anerkannt.
Auf vertraglicher Grundlage vom 31.05.2010 wurden die ehemalige V.werft S. GmbH und die ehemalige P.-Werft GmbH rückwirkend zum 01.11.2009 auf die Gemeinschuldnerin verschmolzen. Der Beklagte zu 1 war vom 03.05.2010 bis zum 24.08.2012, der Beklagte zu 2 seit dem 16.06.2011 und der Beklagte zu 3 in der Zeit vom 26.04.2007 bis zum 28.08.2012 Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Der für die Bereiche Materialwirtschaft, Finanzen, REWE/Controlling, Personal und IT zuständige Geschäftsführer D. schied laut Registerauszug mit Wirkung vom 23.11.2011 aus seiner Stellung als Geschäftsführer aus. Zuständig für die vorgenannten Arbeitsbereiche wurde der laut Registerauszug mit Wirkung vom 08.05.2012 zum Geschäftsführer bestellte H. M..
Am 29.08.2012 beantragte die Gemeinschuldnerin bei dem zuständigen Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es erfolgte am 29.08.2012 die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt B. zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 19.10.2012 wurde der Gemeinschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gemeinschuldnerin einschließlich des Rechts auf Einzug von Bankguthaben und anderen Forderungen ging auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Am 01.11.2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter bestellt.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 136 Arbeitnehmer in Altersteilzeit und zwar allesamt im sogenannten Blockmodell. 17 Altersteilzeitverträge wurden dabei in den Jahren 2007 und 2008 und 119 Altersteilzeitverträge - vor dem Hintergrund der wirtschaftlich schwierigen Situation zum Zweck eines sozialverträglichen Personalabbaus - im Jahr 2009 in Anwendung des Tarifvertrages zum flexiblen Übergang in die Rente vom 01.10.2008 (künftig TVFlexÜ) abgeschlossen. 38 Arbeitnehmer befanden sich im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch in der Arbeitsphase. Diese Arbeitsverhältnisse mit der Gemeinschuldnerin wurden - verbunden mit einem Wechsel in die im Zuge der Insolvenzeröffnung gegründete Transfergesellschaft - zum 31.10.2012 beendet und die Altersteilzeitverträge als sogenannte "Störfälle" nach der Vorgabe des § 5 Abs. 5 TVFlexÜ abgewickelt. Alle 136 Arbeitnehmer erhielten für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.10.2012 Insolvenzgeld. Die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung in der Freistellungsphase befindlichen 98 Arbeitnehmer bezogen seit dem 01.11.2012 monatliche Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit.
Ob für die betroffenen 136 Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am 01.11.2012 ein wirksamer Versicherungsschutz im Sinne des § 8a Altersteilzeitgesetz bestand, ist zwischen den Parteien streitig.
Die ehemalige P.-Werft GmbH hatte mit der R + V Allgemeine Versicherung AG (künftig Versicherung) am 26.11./05.12.2002 einen Kautionsversicherungsvertrag für Altersteilzeit mit einem Bürgschaftslimit von einer Million Euro abgeschlossen - Versicherungsschein-Nummer 45 28 39 18 0 -. Die ehemalige V.werft S. GmbH hatte die Insolvenzsicherung mit der D. Bank A/S vereinbart, die durch Bü...