Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Konzerntarifvertrages eines Klinik-Konzerns zur Eingruppierung von Thema:. Pflegehelfern (Überleitungsregeln für Angestellte im Pflegedienst nach Anlage 1b zum BAT/Bat-O)
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ergänzung eines Tarifvertrages über seinen Wortlaut hinaus durch eine dort nicht enthaltene Regelung setzt voraus, dass sich feststellen lässt, dass der Tarifvertrag ungewollt lückenhaft formuliert ist. Zudem muss sich aus den vorhandenen Regelungen ein Regelungsplan ableiten lassen, mit Hilfe dessen die Lücke geschlossen werden kann.
2. Sieht der Tarifvertrag im Rahmen der Überleitung von Arbeitnehmern, die bisher nach der Anlage 1b zum BAT/BAT-O eingruppiert und vergütet wurden (Angestellte im Pflegedienst), auf nahezu allen Vergütungsstufen vor, dass Arbeitnehmer vor und nach Erreichen des Bewährungsaufstiegs nach dem BAT/BAT-O ein und derselben Entgeltgruppe des neuen Tarifvertrages zugeordnet werden, kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass dies auch für Pflegehelfer, die ohne Ausbildung arbeiten (nach BAT-Regeln eingruppiert in die Vergütungsgruppe I mit Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe II) gelten sollte, wenn die Überleitungstabelle dies nicht ausdrücklich vorsieht. Denn die unterschiedliche Eingruppierung für Pflegehelfer mit und ohne Ausbildung nach den KR-Vergütungsgruppen des BAT/BAT-O war sehr kleinteilig angelegt und sie hatte im Vergleich zwischen langjährig beschäftigten Pflegehelfern mit und ohne Ausbildung einen nur ganz blass hervortretenden Gerichtigkeitsgehalt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien ihren auf den übrigen Vergütungsstufen verfolgten Regelungsplan auf die Überleitung der Vergütungsgruppen an dieser Stelle gerade nicht übertragen wollten.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Urteil vom 23.02.2010; Aktenzeichen 1 Ca 119/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers in einen Konzerntarifvertrag.
Die Beklagte betreibt in S. eine Klinik. Sie ist ein Unternehmen, das in den Konzern eingegliedert ist, der den hier streitigen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Der 1957 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 1993 als fachfremde angelernte Kraft in der Abteilung „Forensische Klinik” als Pflegehelfer angestellt.
Die Klinik hatte ursprünglich zum Bereich des öffentlichen Dienstes gehört und wird etwa seit Mitte des letzten Jahrzehnts von der Beklagten betrieben. Als die Klinik noch zum Bereich des öffentlichen Dienstes gehörte, sahen die Parteien in ihrem Arbeitsvertrag eine Vergütung nach der Anlage 1b zum BAT/BAT-O (Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst) vor. Hier wurde der Kläger bis Ende Juni 2004 aus der Vergütungsgruppe KR I (Fallgruppe 1) vergütet. Ab dem 1. Juli 2004 erfolgte die Zahlung der Vergütung nach der Vergütungsgruppe KR II (Fallgruppe 3) im Wege des Bewährungsaufstieges. Diese Eingruppierung und Vergütung hatte der Kläger bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Entgelttarifvertrages beibehalten.
Unter dem Datum des 30. April 2008 trat rückwirkend zum 1. Januar 2008 der „Entgelttarifvertrag (Kliniken)” zwischen der D. H. AG (Konzernmutter der Beklagten) und der Gewerkschaft v. in Kraft (zukünftig: ETV Kliniken). Auf Grundlage dieses Tarifvertrages schlossen die Parteien unter dem 3. Juli 2008 einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag ab (Kopie hier Blatt 6 ff), in dem es auszugsweise heißt:
„5. Vergütung
(1) Gilt für den Arbeitgeber ein Tarifvertrag, der das Entgelt regelt, richtet sich die Vergütung nach dem für den Arbeitgeber jeweils gültigen Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung. Mit Geltung eines Tarifvertrages für den Arbeitgeber erfolgt die Eingruppierung nach dem für den Arbeitgeber geltenden Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung.
(2) Der/die Mitarbeiter/in ist zur Zeit in Entgeltgruppe 2 Beschäftigungszeit 01.07.2001 der für die Vergütung maßgeblichen Tarifverträge eingruppiert.”
Der Kläger meint, er sei nach § 5 ETV Kliniken in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert.
Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung hat er im April 2009 Klage erhoben. Er begehrt die Feststellung der Eingruppierung sowie die Zahlung des Differenzbetrages beschränkt auf die Monate Januar 2008 bis einschließlich März 2009. Die monatliche Differenz zwischen begehrter und gewährter Vergütung beträgt im Streitzeitraum 136,84 Euro brutto. Der Rechtsstreit wird von beiden Parteien als eine Art Musterrechtsstreit betrachtet, es gibt weitere rund 15 Arbeitnehmer bei der Beklagten mit einer vergleichbaren Eingruppierungsproblematik.
Das Arbeitsgericht Stralsund hat der Klage mit Urteil vom 23. Februar 2010 entsprochen (1 Ca 119/09) und wie folgt tenoriert:
- „Die Beklagte...