Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungssicherung. Lehrerpersonalkonzept. Tarifvertrag. Vertrag zu Gunsten Dritter
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vereinbarung vom 8. Dezember 1995 zwischen Gewerkschaften und Berufsverbänden der Lehrer einerseits und dem Land Mecklenburg Vorpommern (Bildungsministerium) anderseits (Lehrerpersonalkonzept) ist kein Tarifvertrag, der kollektivrechtlche Normen setzt, auf die sich außenstehende Dritte unmittelbar berufen können.
2. Es bleibt offen, ob sich aus dem Lehrerpersonalkonzept im Sinne eines Vertrags zu Gunsten Dritter indiviualrechtliche Ansprüche der betroffenen Lehrer ableiten lassen. Selbst wenn das Lehrerpersonalkonzept als Vertrag zu Gunsten Dritter angesehen werden könnte, könnten die betroffenen Lehrer rechtsgeschäftlich anderslautende Vereinbarungen mit dem Land schließen, auch wenn diese Vereinbarungen schlechtere Leistungen als das Lehrerpersonalkonzept vorsehen würden. Es besteht kein Anlass, das Verzichtsverbot mit Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 4 TVG hier analog anzuwenden.
Orientierungssatz
Anschluss an LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.09.2001, 2 Sa 139/01, PersR 2002, 311.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Neubrandenburg (Urteil vom 29.05.2002; Aktenzeichen 5 Ca 288/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Lehrerin war seit August 1966 im Schuldienst tätig; sie ist durch Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zum 31.07.2000 aus dem Schuldienst ausgeschieden. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Klägerin auf Grundlage des Lehrerpersonalkonzeptes Mecklen-burg-Vorpommern (LPK) über die versprochene und gezahlte Abfindung hinaus weitergehende Abfindungsansprüche zustehen.
Den Aufhebungsvertrag der Parteien vom 12.11.1999 (Kopie Blatt 18f) haben die Parteien als "Auflösungsvertrag auf der Grundlage der Anlage 1 des Lehrerpersonalkonzeptes" bezeichnet. § 3 Abs. 1 des Aufhebungsvertrages sieht die unstreitige erfüllte Verpflichtung des beklagten Landes vor, der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 37.604,14 DM zu zahlen. In § 4 (Sonstiges) des Aufhebungsvertrages heißt es unter anderem:
"Ergänzend zu diesem Vertrag gelten die Anwendungs-
regelungen zur Anlage 1 des Lehrerpersonalkonzeptes
in der Fassung vom 29.04.1999."
Bei dem im Aufhebungsvertrag erwähnten Lehrerpersonalkonzept handelt es sich um ein schriftlich fixiertes Übereinkommen zwischen dem beklagten Land einerseits und Gewerkschaften und sonstigen Berufsverbänden aus dem Bereich der Lehrerschaft andererseits, das unter dem Datum des 08.12.1995 unterzeichnet wurde (Kopie Blatt 88 ff; es wird Bezug genommen).
In den Verhandlungen zu diesem Lehrerpersonalkonzept hatten die beteiligten Gewerkschaften und sonstigen Verbände zunächst eine tarifliche Regelung angestrebt. Das beklagte Land sah sich an dem Abschluss eines Tarifvertrages durch die Beschlusslage innerhalb der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) gehindert. Denn in der Mitgliederversammlung 6./95 der TdL am 20.09. 1995 hatte sich die TdL mit der Thematik des Personalabbaus in Mecklenburg-Vorpommern durch Zahlung übertariflicher Abfindungen beschäftigt. In dem dazu gefertigten Protokoll heißt es auszugsweise (vgl. Blatt 99):
"Der Vertreter des Landes Schleswig-Holstein gibt zu Protokoll, dass er auf einer Regelung unter Beteiligung der Gewerkschaften bestehen müsse. In der anschließenden Diskussion überwiegt die Meinung, dass sich die Materie für eine tarifliche Regelung nicht eignet. Mit der satzungsgemäß erforderlichen Mehrheit spricht sich die Mitgliederversammlung sodann für eine übertarifliche Regelung durch Arbeitgeber-Richtlinien aus und legt dafür folgende Maßgaben fest: ..."
Das Thema Personalabbau in Mecklenburg-Vorpommern hat abermals auf der nächsten Sitzung der TdL auf der Tagesordnung gestanden. In dem Protokoll vom 26.10.1995 heißt es dazu auszugsweise (Blatt 100 f):
"Mit der satzungsgemäß erforderlichen Mehrheit stimmt die Mitgliederversammlung dem Vorschlag der Arbeitsgruppe in deren Sitzung vom 27. September 1995 zu und ermächtigt das Land Mecklenburg-Vorpommern, einen Teillohnausgleich bei Herabsetzung der individuellen Arbeitszeit entsprechend den Festlegungen der Arbeitsgruppe zu zahlen. Der Vertreter des Landes Schleswig-Holstein gibt zu Protokoll, dass Schleswig-Holstein eine tarifvertragliche Regelung für angemessener gehalten hätte."
Ohne Widerspruch des beklagten Landes trägt die Klägerin dazu noch ergänzend vor, der Staatssekretär im Kultusministerium habe zwar von Anfang an betont, auch das beklagte Land strebe eine verbindliche Regelung an. Dennoch sei der Wunsch der Vorsitzenden der GEW, Frau Bxxxxx, nach einer tariflichen Regelung in der Verhandlungsrunde vom 31.08.2001 vom beklagten Land zurückgewiesen worden. Als Kompromiss habe man sich - so die Klägerin - dann darauf verständigt, zunächst die Regelung inhaltlich zu erarbeiten und a...