Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Abgeltung von monatlich zehn Überstunden mit Vergütung. Kein Verstoß gegen AGB-Regelungen durch vertragliche Abgeltung von Überstunden. Üblichkeit pauschaler Überstundenabgeltung durch Vergütung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Abrede, dass die Leistung von 10 Überstunden pro Monat mit der vereinbarten Vergütung abgegolten ist, entfaltet Wirksamkeit.
2. Eine derartige Klausel ist weder überraschend (§ 305 c BGB) noch benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB).
3. Sie unterliegt als Hauptleistungsabrede keiner weiteren Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB).
Normenkette
BGB §§ 305c, 307, 138; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 15.12.2020; Aktenzeichen 13 Ca 32/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 15.12.2020 zum Az.: 13 Ca 32/19 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Überstundenvergütung.
Der Kläger war ab dem 15.03.2017 bis zum 31.01.2019 bei der Beklagten gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Bl. 13 ff. d. A.) im Bereich der Lohn- und Finanzbuchhaltung, in der gesamten Büroorganisation eingesetzt. Die §§ 3 und 4 des Arbeitsvertrages lauten wie folgt:
"§ 3 Arbeitszeit
1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Wochenstunden.
2. Die zeitliche Verteilung und der tägliche Arbeitsbeginn orientieren sich an den betrieblichen Erfordernissen.
§ 4 Vergütung
1. Der Arbeitnehmer erhält für seine vertragliche Tätigkeit während der Probezeit ein monatliches Gehalt in Höhe von 1.800,00 Eur. brutto.
2. Die Vergütung ist jeweils zum 15. des Folgemonats bargeldlos zu zahlen.
3. Mit der Bezahlung der vorgenannten Bezüge ist etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu 10 Stunden pro Monat abgegolten.
4. Darüber hinaus aus dringenden betrieblichen Erfordernissen geleistete Mehrarbeit ist durch den Arbeitgeber zu vergüten oder durch Freizeitgewährung abzugelten."
Der Kläger hat erstinstanzlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Überstundenvergütung für 92 Stunden à 10,23 € brutto, insgesamt die Summe von 940,91 € brutto begehrt. Dazu hat der Kläger vorgetragen, er habe die Überstunden im Zeitraum Januar 2018 bis einschließlich Dezember 2018 geleistet und zur Erläuterung für einzelne Arbeitstage dieses Zeitraumes Tabellen mit Arbeitszeiten zur Akte gereicht (Bl. 103 ff. d. A.).
Der Kläger hat dargetan, die Überstunden resultierten daraus, dass es von Seiten der Geschäftsführung der Beklagten die Forderung gegeben habe, das Büro stets von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu besetzen. Da dort lediglich zwei Personen tätig waren, hätten sich diese die Dienste so aufgeteilt, dass eine Person von 7.00 bis 16.00 Uhr und die andere Person von 8.00 bis 17.00 Uhr gearbeitet habe. Hieraus resultierten Überstunden ebenso wie aus gelegentlicher Tätigkeit an Samstagen, an denen die Abrechnung gegenüber der ARGE erstellt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 940,91 € brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16. Februar 2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ableistung von Überstunden bestritten sowie deren Erforderlichkeit und sich auf die Regelung des § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrages berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 20,46 € stattgegeben, diese im Übrigen abgewiesen mit der Begründung, die in § 4 des Arbeitsvertrages enthaltene Klausel zur Abgeltung von Überstunden stehe einem Zahlungsanspruch des Klägers entgegen. Da nach dieser 10 Stunden Mehrarbeit im Monat mit der vereinbarten Bruttomonatsvergütung abgegolten sind, erwachse dem Kläger lediglich für zwei von im Juli 2018 geleisteten 12 Mehrarbeitsstunden ein Zahlungsanspruch. Dieser belaufe sich auf 20,46 € brutto. Im Übrigen könne sich die Beklagte auf § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages berufen. Diese Regelung sei wirksam, halte einer AGB-Kontrolle stand und könne Wirksamkeit nicht erst ab einer bestimmten Höhe der Jahresvergütung beanspruchen.
Gegen dieses dem Kläger am 14.01.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 15.02.2021 (einem Montag) beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 10.03.2021 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Mit der Berufungsbegründung vertritt der Kläger weiterhin die Auffassung, die Regelung unter § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages sei unwirksam, da sie zum einen überraschend und zum anderen im Kontext mit der Regelung des § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrages zu den geschuldeten 40 Wochenarbeitsstunden irreführend sei. Da er tatsächlich von Beginn des Arbeitsverhältnisses an wöchentlich mehr Arbeit geleistet habe, als die im Arbeitsvertrag unter Ziff. 3 genannte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, sei es Plan der Beklagten gewesen, ihm vorzuspiegeln, dass er regelmäßig 40 Stunden und nur...