Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen Schlechterfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Verstöße gegen Arbeitgeberanweisungen bezüglich der gewünschten Art und Weise der Erfüllung der Arbeitspflicht haben nur dann eine kündigungsrechtliche Relevanz, wenn sich in der Verfehlung mehr ausdrückt als nur die unvermeidbare menschliche Fehlverhaltensquote. Das Fehlverhalten kann ausnahmsweise eine Bedeutung für eine Kündigung haben, etwa wenn es trotz einer vorausgegangenen Abmahnung nicht zeitnah abgestellt wird. Die besondere Qualifikation des Fehlverhaltens kann aber auch in einem Vorsatz bei dem Regelverstoß zum Ausdruck kommen. Letztlich können alle Umstände herangezogen werden, die erkennbar Einfluss auf die Bewertung des Fehlverhaltens haben, namentlich hat es eine Bedeutung, ob durch die Weisung, gegen die verstoßen wird, erkennbar wichtige Rechte oder Rechtsgüter oder wenigstens erkennbar wichtige sonstige Interessen des Arbeitgebers geschützt werden sollen.
2. Gibt ein Arbeitnehmer auf die Frage seines Vorgesetzten, ob er bestimmte ihm übertragene Aufgaben bereits erledigt habe, eine unwahre Anwort, verletzt er damit seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur wahrheitsgemäßen Auskunft über den Stand der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben. Die kündigungsrechtliche Bedeutung dieser Pflichtverletzung hängt im Kern von der Art und dem Ausmaß der Nichterfüllung der Arbeitspflicht ab, über die der Arbeitnehmer getäuscht hat. Reicht Art und Ausmaß der Nichterfüllung nicht zur Kündigung aus, kann die Kündigung auch nicht wegen der Vertuschung der Nichterfüllung der Arbeitsleistung gerechtfertigt sein.
Normenkette
BGB §§ 626, 323 Abs. 3
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und um Weiterbeschäftigung.
Die Ende der 60er Jahre geborene getrennt lebende und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit 1999 bei der Beklagten als Kundenberaterin beschäftigt. In dieser Position verdient sie 2.500,00 Euro brutto monatlich. Bis zum Ausspruch der Kündigung war sie in der Filiale der Beklagten in G. eingesetzt.
Bei der beklagten Bank ist ein Personalrat mit 9 Mitgliedern gebildet. Die Klägerin ist Ersatzmitglied des Personalrats und sie vertritt in dieser Eigenschaft regelmäßig ordentliche Mitglieder des Personalrats.
Der Klägerin sind im Rahmen ihrer Aufgabe als Kundenberaterin auch mehrere Privatkunden zugeordnet, hinsichtlich derer die Beklagte aktive Versuche der Klägerin erwartet, Geschäftsabschlüsse herbeizuführen. Im Mai und Juni 2010 lief bei der Beklagten die Aktion Tausch MasterCard Standard in MasterCard Gold. Die Kundenberater der Beklagten sollten diesbezüglich mit den ihnen zugeteilten Privatkunden persönliche (Telefon)-Gespräche führen. Die Aktion begann am 17. Mai 2010 und sollte bis zum 30. Juni 2010 beendet sein. Während dieser Zeit hatte die Klägerin vom 21. Mai 2010 bis zum 7. Juni 2010 Urlaub.
Im Rahmen dieser Aktion hat die Klägerin im Kundenberatungsprogramm (KBP) eingetragen, dass sie mit den Kunden D. und W. (die Nachnamen werden aus Datenschutzgründen weggelassen) telefoniert hätte und Erstgenannter keinen Bedarf und Zweitgenannter kein Interesse an der MasterCard Gold gezeigt hätte. Diese beiden Eintragungen haben nicht der Wahrheit entsprochen. Das hat sich nach Kontrollanrufen des Filialleiters bei den beiden Kunden am 7. und 8. Juli 2010 ergeben. Tatsächlich hatte die Klägerin mit keinem der beiden Kunden im Rahmen der Aktion Kontakt aufgenommen.
Der Filialleiter der Klägerin führte sodann weitere Stichprobenkontrollen bezüglich der Leistungen der Klägerin durch. Dabei stellten sich weitere Defizite in Zusammenhang mit der Erstellung und Nutzung von Finanz-Checks durch die Klägerin heraus.
Bei dem Finanz-Check handelt es sich um ein elektronisch geführtes Formularwesen, mit dem beim Kunden Daten erhoben werden, die man für das gezielte Anbieten weiterer Finanzprodukte beim Kunden verwenden kann. Interessiert sich ein Kunde für ein Finanzprodukt ist zunächst ein Basis-Finanz-Check durchzuführen. Dazu gibt es eine komplexe Bildschirmmaske mit allen gewünschten Informationen, die gemeinsam mit dem Kunden abgearbeitet werden soll. Anschließend noch während des Kundengesprächs soll das Ergebnis ausgedruckt und vom Kunden gegengezeichnet werden. Er bekommt sodann ein Exemplar des Ausdrucks ausgehändigt. Bei späteren Geschäftsvorfällen oder bei späterem Interesse des Kunden an weiteren Produkten muss ein Finanz-Check-Update durchgeführt werden. Das gesamte Formularwesen rund um den Finanz-Check ist im Organisationshandbuch der Beklagten ausführlich beschrieben (Auszüge hier Blatt 43 ff) und alle Mitarbeiter sind in die Nutzung dieses Systems ausführlich eingewiesen. Das System ist bereits seit Jahren eingeführt und die Klägerin weiß, wie das System zu handhaben ist.
Am 7. Juli 2010 hat die Klä...