Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses durch Fortsetzung eines gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG wirksam befristeten Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt die Anwendung von § 15 Absatz 5 TzBfG als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraus, dass das Arbeitsverhältnis vor dem Beginn der im Gesetz erwähnten fortgesetzten Zusammenarbeit tatsächlich und rechtlich beendet war (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - NZA 2008, 1207 = DB 2007, 2777 dort Randnummer 10 am Ende; BAG 18. Oktober 2006 - 7 AZR 749/05).
2. Anwendungsfall der Rechtsprechung des BAG zum Begriff des wissenschaftlichen Personals im Sinne von § 1 Absatz 1 WissZeitVG (BAG 28. September 2016 - 7 AZR 549/14 - NZA 2017, 249; BAG 20. April 2016 - 7 AZR 657/14 - NJW 2016, 3546; BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - AP Nr. 4 zu § 2 WissZeitVG = NZA 2016, 552; 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - NZA 2016, 552; in diesem Sinne auch LAG Mecklenburg-Vorpommern 26. Februar 2015 - 5 Sa 166/14 - LAGE § 2 WissZeitVG Nr. 6 = ZTR 2015, 589).
3. Die Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages verlängert sich nach § 2 Absatz 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist. Die Verlängerung nach § 2 Absatz 5 Satz 1 WissZeitVG tritt von Gesetzes wegen ein, ohne dass es einer vertraglichen Neubegründung des Arbeitsvertrags bedarf (BAG 28. Mai 2014 - 7 AZR 456/12 - PersV 2014, 478 = ZTR 2014, 672; LAG Mecklenburg-Vorpommern 26. Februar 2015 - 5 Sa 166/14 - LAGE § 2 WissZeitVG Nr. 6 = ZTR 2015, 589 mit weiteren Nachweisen). Hinzutreten muss lediglich das Einverständnis des Mitarbeiters.
4. Die Einverständniserklärung nach § 2 Absatz 5 WissZeitVG unterliegt keinem besonderen Formerfordernis. Sie unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis aus § 14 Absatz 4 TzBfG und kann auch mündlich erklärt werden (wie LAG Mecklenburg-Vorpommern 26. Februar 2015 - 5 Sa 166/14 - LAGE § 2 WissZeitVG Nr. 6 = ZTR 2015, 589).
5. Der Verlängerungszeitraum im Sinne von § 2 Absatz 5 WissZeitVG ergibt sich aus dem Umfang der im Gesetz erwähnten Ausfallzeiten, soweit sie bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit entstanden sind. Die so entstandene Verlängerungsoption wird nur durch die tatsächliche weitere Beschäftigungsmöglichkeit abgebaut, was zur Folge hat, dass fortdauernde oder erneute Ausfallzeiten im Sinne von § 2 Absatz 5 WissZeitVG den Zeitpunkt des vollständigen Abbaus der entstandenen Verlängerungsoption entsprechend nach hinten verschieben (wie BAG 28. Mai 2014 - 7 AZR 456/12 - PersV 2014, 478 = ZTR 2014, 672).
Normenkette
TzBfG §§ 17, 15 Abs. 5, § 14 Abs. 4; WissZeitVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 5; ZPO § 256
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Entscheidung vom 15.12.2015; Aktenzeichen 2 Ca 894/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 15.12.2015 (2 Ca 894/15) abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen trotz Befristungsabrede ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, und um Weiterbeschäftigung.
Die 1979 geborene Klägerin hat einen Magister-Abschluss im Fach Germanistik. Sie ist seit dem 1. März 2008 nahezu durchgehend beim beklagten Land aufgrund einer Vielzahl von Arbeitsverträgen an der Universität A-Stadt befristet beschäftigt gewesen. Die Klägerin war eingruppiert in die Entgeltgruppe 13 zum TV-L und hat dadurch rund 4.350 Euro brutto im Monat verdient.
Der erste Vertrag hatte eine Befristung vom 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2008 vorgesehen und die Befristung wurde mit § 2 Absatz 2 WissZeitVG begründet. Der zweite Vertrag hatte eine Befristung vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2009 vorgesehen und die Befristung wurde mit dem Drittmittelprojekt "Mobiler Lernort" begründet. Mit diesem Befristungsgrund folgten aufgrund weiterer Verträge weitere befristete Anstellungen für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 30. April 2010 (3. Vertrag) und sodann vom 1. Mai 2010 bis 31. Mai 2010 (4. Vertrag). In der Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Oktober 2010 war die Befristung des Arbeitsverhältnisses dann wieder mit § 2 Absatz 1 WissZeitVG begründet worden (5. Vertrag). Gleiches gilt für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 (6. Vertrag) und 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 (7. Vertrag).
Für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 wurde das Arbeitsverhältnis letztmalig mit der Begründung Drittmittelprojekt "Mediengestütztes Juniorstudium" und unter Bezugnahme auf § 2 Absatz 1 WissZeitVG befristet. Auf den dazugehörenden letzten Arbeitsvertrag aus November 2012 (8. Vertr...