Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Druckereibetrieb. Passivlegitimation des bisherigen Arbeitgebers. Rechtsmittel. Weiterbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
1. Ist einem Arbeitnehmer vor Betriebsübergang gekündigt worden, so ist allein der bisherige Arbeitgeber, der gekündigt hat, passiv legitimiert für den Kündigungsschutzrechtsstreit. Das Arbeitsverhältnis geht immer so auf den Erwerber über, wie es im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestanden hat. Ist die Kündigung des Veräußerers unwirksam gewesen, geht das Arbeitsverhälntis also ungekündigt auf den Erwerber über (wie BAG 26. Mai 1983 – 2 AZR 477/81 – BAGE 43, 13 = NJW 1984, 627 = DB 1983, 2690). Legt der Veräußerer gegen ein zu seinen Lasten ergangenes Kündigungsschutzurteil kein Rechtsmittel ein, ist der Kündigungsrechtsstreit rechtskräftig beendet. Der Abweisungsantrag im Kündigungsschutzprozess kann nicht vom Betriebserwerber im Rahmen seiner Berufung gegen die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung weiter verfolgt werden.
2. Das Gericht ist vorliegend von einem Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB ausgegangen, da der Beklagte den Druckereibetrieb in den Geschäftsräumen des Altarbeitgebers fortgeführt hat und er auch die Rechtsmacht hatte, eine vom Vorarbeitgeber genutzte dort stehende Druckmaschine (auf Basis einer Vereinbarung mit dem Leasinggeber) weiter zu nutzen.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung des Altarbeitgebers und einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den möglichen Betriebserwerber, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es zu einem Betriebsübergang gekommen ist.
Der Klägerin ist bei der H. W. GmbH (inzwischen Insolvenzschuldnerin) bzw. bei deren Rechtsvorgängern letztlich seit Januar 1979 beschäftigt gewesen. Ihr letztes Einkommen hat rund 1.730 Euro brutto monatlich betragen. Die H. W. GmbH hat einen Betrieb zur Herstellung von Druckerzeugnissen aller Art betrieben. Bei ihr waren zuletzt – neben der mitarbeitenden Geschäftsführerin – noch sieben Mitarbeiter beschäftigt, sechs in Vollzeit und ein Rentner als Hausmeister in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Alle sieben Arbeitnehmer waren bei dem Unternehmen schon seit Jahren und damit auch zum Jahresende 2003 beschäftigt.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2009 (Kopie als Anlage K3 überreicht, hier Blatt 6), der Klägerin tags darauf zugegangen, hat die heutige Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis „aus wichtigem Grund zum 31. August 2009, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt” gekündigt. Gegen diese Kündigung hat sich die bei Gericht am 6. August 2009 eingegangene Klage ursprünglich allein gerichtet.
Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ist mit Beschluss des Amtsgerichts Schwerin vom 1. September 2009 (580 IN 218/09, Kopie hier Blatt 32) das Insolvenzverfahren eröffnet und Frau Rechtsanwältin U. P., Schwerin, zur Insolvenzverwalterin ernannt worden. Die Verwalterin war bereits zuvor im Insolvenzeröffnungsverfahren zur Sicherung der Masse als vorläufige Verwalterin bestellt worden (Kopie des Beschlusses vom 30. Juni 2009 hier Blatt 26). – Der Kündigungsrechtsstreit ist daher mit der Insolvenzverwalterin als Beklagter fortgesetzt worden.
Der Druckbetrieb der Insolvenzschuldnerin in W. ist auf Anraten der späteren Insolvenzverwalterin zum 30. August 2009 eingestellt worden. Die Arbeitsverhältnisse von fünf der sieben Arbeitnehmer wurden zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Die Klägerin und eine weitere Mitarbeiterin haben gegen die Kündigung Klage erhoben, die weiteren gekündigten Mitarbeiter nicht. Von den drei nicht gekündigten Mitarbeitern hat einer im September 2009 begonnen, in einem Teil der Räumlichkeiten des alten Betriebes einen neuen Druckereibetrieb aufzubauen. Er hat dazu die beiden anderen nicht gekündigten Mitarbeiterinnen als Arbeitnehmerinnen angestellt.
Die Betriebsräume für den neuen Druckereibetrieb hat der Mitarbeiter von der Insolvenzverwalterin angemietet; die Betriebsmittel, die zuletzt noch vorhanden waren, hat er käuflich von der Insolvenzverwalterin erworben. Über das Kernstück des Betriebes, die erst kürzlich von der Insolvenzschuldnerin angeschaffte noch nicht abbezahlte Vierfarb-Offset-Druckmaschine, konnte er aufgrund einer komplizierten Finanzierungslösung, in der auch ein Hauptkunde des alten Betriebes als Darlehensgeber eingebunden ist, verfügen. Der neue Betrieb bedient nach wie vor die wenigen Stammkunden mit Druckprodukten, die der Insolvenzschuldnerin zuletzt noch verblieben waren. Das neue Unternehmen führt noch den Namen „H. Druck” in der Firma und es bedient sich auch noch der eingeführten alten Telefonnummer und Geschäftsadresse des Betriebes. – Aufgrund dieser Umstände hat die Klägerin im November 2009 ihre Klage gegen diesen Mitarbeiter erweitert (erstinstanzlich Beklagter zu 2 und heute einziger Berufungs...