Leitsatz (amtlich)
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Normenkette
BGB § 123
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Aktenzeichen 2 Ca 698/97) |
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landes wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Anfechtung des Arbeitsverhältnisses durch das beklagte Land wegen einer Täuschung des Klägers über seine frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der früheren DDR.
Ausweislich des Berichts des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 17.08.1996 war der Kläger in der Zeit vom 31.03.1971 bis 03.11.1979 als informeller Mitarbeiter erfaßt. Die Tätigkeit endete nach Darstellung des Staatssicherheitsdienstes wegen Entlassung des Klägers aus der NVA. Zur Zusammenarbeit verpflichtete sich der Kläger unter dem 31.03.1971 (Bl. 70 d.A.). Er erklärte dabei, daß er schriftliche Berichte mit dem Decknamen „D.” unterzeichnen werde. Nach dem Bericht des Bundesbeauftragten liegen sieben Treffberichte und zehn handschriftliche Berichte, mit Decknamen unterzeichnet, vor.
Der Kläger bewarb sich im Jahre 1991 bei dem beklagten Land um eine Einstellung als Justizangestellter bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Rostock und unterzeichnete am 18.12.1991 eine Erklärung, wonach er zu keiner Zeit Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit gewesen sei und keine Verpflichtung zur inoffizieller Mitarbeit mit einer der genannten Dienststellen eingegangen sei (Bl. 21 d. A.). Er erhielt sodann einen Arbeitsvertrag vom gleichen Tage mit Wirkung zum 02.01.1992
Die Mitteilung des Bundesbeauftragten vom 17.09.1996 ging bei der Beklagten am 26.09.1996 ein. Der Kläger wurde daraufhin am 30.09.1996 angehört (Bl. 36 d.A) und es wurde ihm Gelegenheit gegeben, sich zu dem möglichen Abschluß eines Auflösungsvertrages zu äußern. Diese Frist ließ der Kläger verstreichen. Unter dem 04.10.1996 beantragte die Beklagte die Zustimmung des Bezirkspersonalrats zur außerordentlichen Kündigung des Klägers. Der Bezirkspersonalrat widersprach dem Antrag mit Schreiben vom 0910.1996 und erklärte unter dem 24.10.1996. er halte seinen Widerspruch aufrecht (Bl. 48 d.A.). Unter dem 18.08.1997 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung, wobei dieser Anfechtung ein Gespräch mit dem Kläger vom 30.07.1997 (Bl. 38 d.A.) vorausging.
Auf eine am 04.09.1997 beim Arbeitsgericht Rostock eingegangene Klage hat dieses durch Urteil vom 12.02.1998 – 2 Ca 698/97 – festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 18.08.1997 hinaus fortbesteht und die Kosten des Verfahrens dem beklagten Land auferlegt. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, es liege keine vorsätzliche Täuschung vor, da es dem beklagten Land zugestanden hätte, schon vor Abschluß des Arbeitsverhältnisses die entsprechende Information bei dem Bundesbeauftragten einzuholen. Auch habe das beklagte Land nicht dargelegt, warum ihm das Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheine. Die Kündigung sei auch nach Treu und Glauben unwirksam, da das beklagte Land mit der Anfechtung des Arbeitsverhältnisses zu lang gewartet habe und in der Zwischenzeit die Arbeitsleistung des Klägers angenommen habe.
Dieses Urteil ist dem beklagten Land am 27.02.1998 zugestellt worden. Es hat dagegen Berufung eingelegt, die am 26.03.1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 08.04.1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Das beklagte Land ist der Auffassung, eine Täuschung könne nicht deshalb verneint werden, wenn der Getäuschte die Möglichkeit gehabt hätte, an dritter Stelle Kenntnis über den wahren Sachverhalt zu erlangen. Es sei auch unglaubhaft, wenn der Kläger behaupte, sich an eine Bindung an das Ministerium für Staatssicherheit nicht mehr erinnern zu können. Eine Interessensabwägung dürfe nicht vorgenommen werden, da das beklagte Land das Arbeitsverhältnis angefochten habe. Eine Verwirkung liege nicht vor, da das Land ausreichend zum Ausdruck gebracht habe, nicht am Vertrag festhalten zu wollen.
Das beklagte Land beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 12.02.1998 – 2 Ca 698/97 – die Klage abzuweisen
Der Kläger beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet, er könne sich nicht erinnern, vor fast 27 Jahren eine Verpflichtungserklärung unterschrieben zu haben. Kontakte zum MfS habe er nicht gehabe.
Berichte, wie sie von ihm stammen sollten, fertige jeder Soldat, der – wie er – für ein Fahrzeuglager verantwortlich sei. Es sei auch anzunehmen, daß das beklagte Land ihn auch bei voller Kenntnis der Umstände eingestellt hätte. Jedenfalls habe die Täuschung zum Zeitpunkt der Anfechtung soviel an Bedeutung verloren, daß sie eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr rechtfertigen könnte. Ein Auflösungsvertrag habe er bereits einen Tag nach der Anhörung vom 30.09.1996 endgültig abgelehnt.
Im...