Entscheidungsstichwort (Thema)
Kenntnis Kündigungsbefugnis. Zurückweisung des Kündigungsschreibens bei unzureichendem Inkenntnissetzen zur Person des Niederlassungsleiters
Leitsatz (amtlich)
Ein Niederlassungsleiter ist grundsätzlich zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt. Eine ausdrückliche Mitteilung hierüber ist nicht erforderlich. Es ist jedoch erforderlich, dass der Arbeitgeber sich über die Person des Niederlassungsleiters im Klaren ist. Die Formulierung "Contact Center Manager" reicht hierfür nicht aus.
Normenkette
BGB §§ 611, 174, 174 Sätze 1-2, § 611 Abs. 1, § 620 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Entscheidung vom 04.08.2011; Aktenzeichen 2 Ca 409/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie um die Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Die Klägerin ist seit dem 01.09.2000 im Telefonservice beschäftigt. Sie erzielt eine Vergütung von 1.510,00 € zzgl. freiwilliger Leistungen und eventueller Boni. Mit Schreiben vom 07.03.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 31.07.2011. Das Kündigungsschreiben war von "x. y., Contact Center Manager" unterschrieben. Dabei handelt es sich um den Niederlassungsleiter des Betriebes. Der Arbeitsvertrag der Klägerin war durch eine andere Person, den damaligen "Facility Director" unterschrieben. Mit Schreiben vom 09.03.2011 wies die Klägerin die Kündigung gem. § 147 BGB mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurück. Durch Urteil vom 04.08.2011 - 2 Ca 409/11 - hat das Arbeitsgericht Rostock für Recht erkannt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die schriftliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 07.03.2011, zugegangen am 07.03.2011, nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die schriftliche ordentliche Kündigung der Beklagten vom 07.03.2011, zugegangen am 07.03.2011, nicht aufgelöst worden ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt.
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu den im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge weiterzubeschäftigen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
6. Der Streitwert wird auf 6.714,36 EUR festgesetzt.
In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, die Klägerin sei zur Zurückweisung der Kündigung gem. § 174 BGB berechtigt. Sie sei nicht in sonstiger Weise über eine etwaige Vollmachtserteilung zum Ausspruch einer Kündigung für den Contact Manager in Kenntnis gesetzt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass im deutschsprachigen Raum mit dem Begriff eines Contact Center Manager urtypischerweise das Kündigungsrecht verbunden sei. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Der Arbeitsvertrag sei durch den damaligen Facility Director unterzeichnet worden. Diese Posi- tion entspreche der heutigen Position und sei inhaltlich nichts anderes als der Standort- bzw. Niederlassungsleiter. Die Benutzung englischsprachiger Bezeichnungen sei üblich. Vertragsrelevante Mitteilungen habe die Klägerin durch den jeweiligen Contact Center Manager erhalten. Eine Aufgabenbeschreibung für den Contact Center Manager sei für die Klägerin im Intranet zugänglich gewesen. Auch andere Kündigungen habe der Contact Center Manager ausgesprochen. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
Sie beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 04.08.2011 - 2 Ca 409/11 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei. Die Klägerin verfüge über keine Englischkenntnisse. Dass der Begriff des Contact Center Manager mit dem des Niederlassungsleiters identisch sei, sei der Klägerin nicht bekannt. Eine Kündigungsbefugnis bzw. eine Stellenerläuterung bezüglich der Position von Herrn G. sei ihr nie mitgeteilt worden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorliegenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Rostock hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Herr G. hat seine Bevollmächtigung gegenüber der Klägerin beim Ausspruch der Kündigung nicht durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde nachgewiesen. Die Zurückweisung der Kündigung mit Schreiben vom 09.03.201...