Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers bei vorübergehender Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit. Eingruppierung von Führungspositionen nach dem TVöD-VKA

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 32 Abs. 3 TVöD-VKA hat ein Arbeitgeber, der einem Beschäftigten vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit als Führungsposition auf Zeit zuweist, neben der Zulage in Höhe der Differenz zur höheren Entgeltgruppe zusätzlich einen Zuschlag in Höhe von 75 v. H. zur nächsthöheren Entgeltgruppe zu zahlen.

2. Führungspositionen sind gemäß § 32 Abs. 2 TVöD-VKA die ab Entgeltgruppe 10 zugewiesenen Tätigkeiten mit Weisungsbefugnis, die vor Übertragung vom Arbeitgeber ausdrücklich als Führungspositionen auf Zeit bezeichnet worden sind. Die Bezeichnung als Führungsposition auf Zeit ist nicht eine bloße Formvorschrift, sondern eine konstitutive Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Norm.

3. § 14 TVöD-VKA wird nicht von § 32 TVöD-VKA verdrängt, soweit es um die vorübergehende Übertragung von Führungstätigkeiten der EG 10 und höher mit Weisungsbefugnis geht. Der Arbeitgeber ist nicht gezwungen, bei solchen Führungstätigkeiten stets auf das Instrument der Führung auf Zeit zurückzugreifen.

4. Der Arbeitgeber nutzt seinen tarifvertraglichen Gestaltungsspielraum nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er im Falle einer Elternzeitvertretung davon absieht, die Tätigkeit als Führungsposition auf Zeit zu bezeichnen, und diese stattdessen auf der Grundlage des § 14 TVöD-VKA vorübergehend überträgt. Ein Zuschlag gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 TVöD-VKA ist in diesem Fall nicht zu zahlen.

 

Normenkette

TVöD VKA § 32; TVöD VKA § 14; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 24.05.2018; Aktenzeichen 4 Ca 57/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.07.2020; Aktenzeichen 6 AZR 287/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 24.05.2018 - 4 Ca 57/17 - wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger wegen der vorübergehenden Übertragung von höherwertigen Führungsaufgaben ein Zuschlag nach § 32 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD-VKA) zu zahlen ist.

Der im April 1953 geborene Kläger war bei der beklagten Stadt auf der Grundlage des zum 23.08.1993 begründeten Arbeitsverhältnisses zuletzt als Sachgebietsleiter Wirtschaft und Arbeit tätig. Das Arbeitsverhältnis unterliegt dem TVöD-VKA. Der Kläger war zuletzt in der Entgeltgruppe (EG) 11 Stufe 6 TVöD-VKA eingruppiert. Der Sachgebietsleiter Wirtschaft und Arbeit hat nach dem seit 30.11.2013 geltenden Geschäftsverteilungsplan den Abteilungsleiter 2.40 zu vertreten.

Zum 01.01.2016 übertrug die Beklagte Frau K. die Leitung der Abteilung 2.40 Wirtschaft, Stadtentwicklung und Wohnen als Führungsposition auf Zeit. Die Stelle ist mit der EG 13 TVöD-VKA bewertet. Mit ihr sind Weisungsbefugnisse verbunden. Der bisherige Stelleninhaber, Herr R., übernahm die Position des Fachbereichsleiters Stadtplanung, Wirtschaft, Bauaufsicht und Kultur.

Da Frau K. wegen des zum 20.01.2016 beginnenden Mutterschutzes und der sich anschließenden Elternzeit die Aufgaben als Abteilungsleiterin zeitweise nicht wahrnehmen konnte, übertrug die Beklagte dem Kläger diese Tätigkeit für die Dauer der Elternzeit. Aufgrund einer unfallbedingten Erkrankung konnte der Kläger die Leitung der Abteilung tatsächlich erst am 01.06.2016 übernehmen.

Die Beklagte zahlte dem Kläger ab Juni 2016 eine Zulage für die Übernahme der höherwertigen Tätigkeit in Höhe der Differenz zur EG 13 Stufe 5 TVöD-VKA. Die Zulage belief sich auf € 270,93 brutto. Das dem Kläger zustehende Tabellenentgelt der EG 11 Stufe 6 TVöD-VKA betrug seinerzeit € 4.889,06 brutto.

Mit Schreiben vom 19.07.2016, bei der Beklagten eingegangen am 21.07.2016, forderte der Kläger zusätzlich zur Zulage einen Zuschlag nach § 32 TVöD-VKA wegen der Übernahme einer Führungsposition auf Zeit. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 04.08.2016 ab und verwies auf die fehlende Bezeichnung der Stelle als Führungsposition auf Zeit. Nach einem nochmaligen ergebnislosen Schriftwechsel hat der Kläger seine Forderung schließlich am 14.10.2016 gerichtlich anhängig gemacht.

Die Elternzeit von Frau K. endete am 20.03.2017. Der Kläger bezieht seit dem 01.05.2018 Altersrente.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse ihm für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 20.03.2017 nicht nur eine Zulage, sondern darüber hinaus einen Zuschlag in Höhe von 75 v. H. der Differenz zur EG 14 Stufe 6 TVöD-VKA zahlen. § 32 TVöD-VKA sei eine Spezialregelung zu § 14 TVöD-VKA, die im Falle der Übertragung einer Führungsposition auf Zeit vorgehe. Die Regelung sei mit Inkrafttreten des TVöD-VKA neu eingeführt worden, um durch eine größere Flexibilität die Führungsqualität in der Verwaltung ...

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