Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutz. Insolvenzverwalterkündigung. Beschlussverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Von der Möglichkeit des § 126 Abs. 1 InsO, ist im Wege teleologischer Reduktion der Fall auszunehmen, dass lediglich ein einziger Arbeitnehmer durch den Insolvenzverwalter gekündigt werden soll bzw. zum Zeitpunkt der Einleitung des Beschlussverfahrens gemäß § 126 Abs. 1 InsO lediglich eine einzige Kündigung streitig ist.
2. Sinn und Zweck des beschleunigten, präventiven Kündigungsverfahrens nach § 126 InsO ist es, die im Rahmen von durch das Insolvenzverfahren bedingten Personalabbaumaßnahmen erforderlich werdenden Kündigungen in einem einheitlichen Verfahren zu konzentrieren und das Verfahren hierzu zu vereinfachen und dadurch eine Vielzahl von Kündigungsschutzprozessen zu vermeiden. Diese ratio legis wird verfehlt, wenn lediglich eine einzige Kündigung streitig ist.
Normenkette
InsO § 126 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 19.08.2002; Aktenzeichen 29b Ca 289/02 W) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 09.09.2002 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes München vom 19.08.2002 – 29b Ca 289/02 W – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 2.000,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der am 08.05.1955 geborene Kläger war seit 15.01.1990 bei der … (Insolvenzschuldnerin) als Schlosser beschäftigt. Mit Beschluss des Amtsgerichtes – Insolvenzgericht – … vom 01.02.2002 wurden das Insolvenzverfahren über das Vermögen dieses Unternehmens eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers und weiterer 8 Arbeitnehmer mit Schreiben vom 03.04.2002 zum 31.07.2002 (Bl. 5-7 d.A.). Von diesen betroffenen Arbeitnehmern hat nur der Kläger die Kündigung mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage vom 25.04.2002 angefochten.
Unter dem 19.04.2002 wurde ein Interessenausgleich zwischen dem Beklagten und dem Betriebsrat bei der Insolvenzschuldnerin abgeschlossen (Bl. 41/42 d.A.), der ausdrücklich diesen Interessenausgleich gemäß § 112 BetrVG als nicht identisch „mit dem Interessenausgleich und Kündigungsschutz gem. § 125 InsO” bezeichnet (§ 2 des Interessenausgleiches vom 19.04.2002).
Nach Antrag des Beklagten in der Güteverhandlung vom 08.05.2002 wurde das vorliegende Kündigungsschutzverfahren mit Beschluss des Arbeitsgerichtes München vom 10.07.2002 (Bl. 46/47 d.A.) gem. § 127 Abs. 2 InsO ausgesetzt. Nachdem der Kläger gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 23.07.2002 sofortige Beschwerde erhoben und auf die Einreichung eines Antrages im Beschlussverfahren gem. § 126 InsO durch den Beklagten erst mit Schriftsatz vom 08.07.2002, beim Arbeitsgericht München eingegangen am 12.07.2002 (Bl. 61 f. d.A.), hingewiesen hatte, wurden mit Beschluss des Arbeitsgerichtes München vom 19.08.2002, der dem Beklagten am 27.08.2002 zugestellt wurde, der sofortigen Beschwerde des Klägers abgeholfen und der Antrag des Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens gem. § 127 Abs. 2 InsO zurückgewiesen mit der Begründung, dass auf Grund der Tatsache, dass von den gekündigten Arbeitnehmern lediglich der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben habe, das Rechtsschutzbedürfnis für ein Beschlussverfahren nach § 127 InsO entfalle, da ein solches Beschlussverfahren weder größere Rechtssicherheit bewirken noch zu einer Beschleunigung des Verfahrens insgesamt – im Gegenteil – führen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten mit Schriftsatz vom 09.09.2002, beim Arbeitsgericht München eingegangen am 10.09.2002, zu deren Begründung dieser vorträgt, dass auch durch die Tatsache, dass gegen die ausgesprochenen Kündigungen nur der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben habe, nicht das Rechtsschutzbedürfnis für das eingeleitete Beschlussverfahren nach § 126 InsO fehle. Nach der Intention des § 126 InsO sollten Betriebsrat und Insolvenzverwalter zu einem zügigen Abschluss eines Interessenausgleichs bewegt werden, wobei weder Gesetzeswortlaut noch sonstige Gründe dafür sprächen, dass Sinn und Zweck des Verfahrens nach § 126 InsO sei, dass für mehrere betroffene Arbeitnehmer die dortige Feststellung einheitlich zu treffen sei. Die von dieser Vorschrift intendierte Rechtssicherheit sei unabhängig von der Anzahl der Kündigungen; auch wenn, wie im vorliegenden Fall, lediglich eine einzige Kündigung streitig sei, führe dies nicht zu einer Verzögerung des Kündigungsschutzprozesses und widerspreche nicht dem Beschleunigungsgrundsatz im Kündigungsverfahren, zumal sich im Beschlussverfahren entsprechende Kenntnisse über die Auffassung des Gerichts eröffnen könnten.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes München – Kammer Weilheim – vom 19.08.2002, mit dem der Beschwerde des Klägers gegen den Aussetzungsbeschlu...