Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilbetriebsversammlung. Territorialitätsprinzip. Ausstrahlungswirkung
Leitsatz (amtlich)
Die Frage, ob ein Arbeitnehmer trotz seiner Auslandstätigkeit dem Inlandsbetriebsrat zuzuordnen ist, ist grundsätzlich nach den allgemeinen Kriterien der Betriebszugehörigkeit zu entscheiden.
Normenkette
BetrVG § 42 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 28.01.2009; Aktenzeichen 36 BV 252/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 28.01.2009, Az.: 36 BV 252/07, abgeändert:
Der Antrag wird abgewiesen. |
2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller (Betriebsrat) berechtigt ist, Teilbetriebsversammlungen im Ausland durchzuführen.
Der Beteiligte zu 2) (Arbeitgeber) ist ein eingetragener Verein, dessen satzungsmäßiger Zweck unter anderem die Pflege der deutschen Sprache im Ausland und die Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit sowie die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes durch Informationen über das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben ist. Zur Durchführung seiner Aufgaben unterhält der Arbeitgeber derzeit weltweit 147 Kulturinstitute im Ausland und neben der Verwaltungszentrale in A-Stadt 13 Institute im Inland. Die Institute sind einzelnen Regionen zugeteilt, nämlich den Regionen Deutschland, Nordwesteuropa, Südwesteuropa, Südosteuropa, Mittelosteuropa, Osteuropa/Zentralasien, Südasien, Ostasien, Südostasien/Australien/Neuseeland, Nordafrika/Nahost, Subsahara/Afrika, Nordamerika, Südamerika und China. Für jede der Regionen gibt es eine Regionalleitung. Den Instituten stehen Institutsleiter vor (zur Verwaltungsstruktur, Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten vgl. auch „Geschäftsordnung des Vereins G.-I. für die Kulturinstitute im Ausland”, Bl. 35 ff. d. A.). Die Auslandsinstitute werden durch Zuschüsse der öffentlichen Hand finanziert. Die Institute in Deutschland müssen sich selbst tragen, in der Regel durch kostenpflichtige Seminare und Deutschkurse. Die in der Verwaltungszentrale eingestellten Mitarbeiter gehören überwiegend zum öffentlich finanzierten Bereich.
In den inländischen Instituten sind örtliche Betriebsräte gewählt. Bei den Auslandsinstituten gibt es teilweise Mitarbeitervertretungen nach Ortsrecht, sowie nach einem besonderen Regelwerk gewählte Vertrauenspersonen. Der antragstellende Betriebsrat ist bei der Verwaltungszentrale in A-Stadt gebildet. Es besteht auch ein Gesamtbetriebsrat.
Die Mitarbeiter des Arbeitgebers haben, bezogen auf ihre örtliche Einsatzmöglichkeit, verschiedene Vertragsgestaltungen. Eine große Gruppe (rund 325 Mitarbeiter) bilden die sogenannten „Entsandten”. Ihr Arbeitsvertrag enthält eine weltweite Versetzungsklausel. Unter die Entsandten fallen insbesondere die sogenannten Dozenten. Diese müssen ein akademisches Studium absolviert haben und durchlaufen vor ihrer Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis in der Regel eine 14-monatige interne Ausbildung („Dozentenausbildung”). Neben den – dem höheren Dienst zuzurechnenden – Dozenten gibt es auch entsandte Mitarbeiter im gehobenen Dienst, vor allem in den Bereichen der Verwaltung und der Bibliotheksarbeit. Daneben werden an den Auslandsinstituten etwa 2000 Ortskräfte beschäftigt, die für das jeweilige Institut angestellt sind. An den Inlandsinstituten gibt es auch Lehrkräfte und sonstiges Personal, die ohne ihre Zustimmung nicht ins Ausland versetzt werden können.
Die Entsandten – das entspricht dem personellen Konzept des Arbeitgebers – werden regelmäßig versetzt. Die Inlandsverwendung vor der Versetzung ins Ausland erfolgt nicht zwingend in der Verwaltungszentrale in A-Stadt, sondern kann auch an einem Inlandsinstitut stattfinden. Die Verweildauer an einem Auslandsinstitut beträgt üblicherweise 4 bis 6 Jahre. Häufig erfolgt die weitere Verwendung an einem anderen Auslandsinstitut. Bei einer Rückkehr ins Inland nach einer Beschäftigung bei einem oder mehreren Auslandsinstituten erfolgt eine Inlandsverwendung entweder in der Verwaltungszentrale in A-Stadt oder an einem Inlandsinstitut (vgl. zur Verteilung der Versetzungsvarianten auch den nichtbestrittenen Vortrag des Arbeitgebers mit Schriftsatz vom 28.04.2008, dort S. 7 unten f., Bl. 84 f. d. A.).
Örtliche Versetzungen der Entsandten erfolgen also
Die Planung dieser Versetzungen erfolgt in der Verwaltungszentrale in A-Stadt. Einmal jährlich werden Versetzungen entsandter Mitarbeiter vorgenommen (sog. Personalrunde). Hierzu erfolgt eine sog. Jahresstellenbekanntmachung (vgl. Bl. 67 d. A.). Dabei werden die Stellen der Zentrale sowie der Inlands- und Auslandsinstitute, die der Rotation unterliegen ...