Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Kostenerstattung aus der Staatskasse bei Aufteilung von Anträgen auf Entfernung von Abmahnungen und/oder auf Unwirksamkeit mehrerer Kündigungen in verschiedenen Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Staatskasse ist nicht verpflichtet, auf Kosten des Steuerzahlers Kosten zu tragen, die bei Beachtung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Prozessführung nicht entstanden wären.

2. Durch Aufteilung in mehrere Verfahren entstandene Mehrkosten sind nicht zu erstatten, wenn der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt mehrere Abmahnungen und/oder mehrere Kündigungen in gesonderten Klagen statt im Wege der Klagehäufung angreift.

3. Neben der bereits durch die Aufteilung der Verfahren an sich entstandenen überflüssigen Gebührenerhöhung liegt ein Verstoß gegen die Grundsätze der Prozesswirtschaftlichkeit hier auch darin, dass durch die Aufteilung die Gegenstandswerte künstlich erhöht werden.

4. Ist Gegenstand eines Verfahrens die Entfernung mehrerer Abmahnungen aus der Personalakte, liegt der Wert dieses Verfahrens unabhängig von Anzahl und Grund der Abmahnungen höchstens bei 2/3 der sich aus § 42 Abs. 4 GKG ergebenen Grenze eines Vierteljahresverdienstes (wie: LAG Hamm NZA-RR 2007, 439).

5. Sind Streitgegenstände eines Verfahrens mehrere Kündigungen, darf nach der weit überwiegenden Rechtsprechung der Bayerischen Landesarbeitsgerichte unabhängig von den Zeitpunkten der Kündigungen für dieses Verfahren der Wert eines Vierteljahresverdienstes gem. § 42 Abs. 4 GKG nicht überschritten werden (wie: LAG München – 7. Kammer – vom 15.09.1983 – AMBl. 1984 C 34; LAG München – 5. Kammer – vom 13.01.1986 – AMBl. 1986 C 30; LAG München vom 20.07.2000 – 3. Kammer – NZA-RR 2000, 661; LAG Nürnberg JurBüro 2008, 252; LAG Nürnberg NZA 1992, 617; LAG Nürnberg AMBl. 1985 C 30).

 

Normenkette

ZPO: §§ 122, 91 Abs. 1; GKG: § 42 Abs. 4; RVG: §§ 56, 55 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 29.07.2008; Aktenzeichen 3 Ca 8715/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 29.07.2008 (Az.: 3 Ca 8715/06) wird

zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der Gebühren des dem Kläger im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse.

Der dem Kläger mit Beschluss vom 27.07.2006 im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Prozessbevollmächtigte hat für diesen mit einem am 23.06.2006 bei dem Arbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Klage auf Entfernung zweier Abmahnungen vom 14.06.2006 erhoben.

Das Verfahren hat durch Weglegungsverfügung des Vorsitzenden vom 10.05.2007 sein Ende gefunden. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Gericht durch Beschluss vom 29.05.2007 den Streitwert auf EUR 3.100,00 (= zwei Monatsgehälter) festgesetzt.

Mit am 04.10.2006 eingegangenen Schriftsatz hat der gleiche Prozessbevollmächtigte für den Kläger eine weitere Klage auf Entfernung einer Abmahnung vom 01.09.2006 erhoben (Az.: 27 Ca 13972/06). Dem Kläger ist durch Beschluss des Kammervorsitzenden vom 08.11.2006 auch für dieses Verfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt worden. Mit einem am 28.09.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 26.09.2007, für die dem Kläger ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, erweitert. Das Verfahren hat durch einen gerichtlichen Vergleich vom 05.10.2007 sein Ende gefunden. Der Streitwert ist durch Beschluss des Gerichts für das Verfahren auf EUR 6.380,00 und für den Vergleich auf EUR 7.975,00 festgesetzt worden.

Mit am 29.12.2006 eingegangenen Schriftsatz hat der gleiche Prozessbevollmächtigte für den Kläger eine weitere Klage auf Zahlung von EUR 2.766,58 erhoben (Az.: 19a Ca 18634/06), für die dem Kläger am 29.01.2007 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt wurde. Das Verfahren hat am gleichen Tag durch einen gerichtlichen Vergleich geendet.

Mit einem am 30.01.2007 bei dem Arbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz hat der gleiche Prozessbevollmächtigte für den Kläger eine weitere Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 23.01.2007 erhoben (Az.: 21 Ca 1419/07), die er durch Schriftsatz vom 11.04.2007 um die Zahlung von Vergütung für den März 2007 i.H.v. EUR 1.550,00 brutto abzgl. EUR 718,50 Arbeitslosengeld erweitert hat. Auch dafür ist dem Kläger unter Beiordnung seines Rechtsanwalts ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Dieses Verfahren hat am 09.05.2007 hinsichtlich der Kündigung durch die Rücknahme des Einspruchs der Beklagten gegen ein zuvor ergangenes Versäumnisurteil und hinsichtlich der Forderung durch ein Anerkenntnisurteil geendet. Der Streitwert ist auf EUR 5.100,00 festgesetzt worden.

Der Prozessbevollm...

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