Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtkosten bei Teilurteil zu Kündigungsschutzklage und vergleichsweiser Erledigung der Widerklage
Leitsatz (amtlich)
1. Klage und Widerklage können kostenrechtlich in einem Verfahren nicht isoliert betrachtet werden.
2. Wird eine Klage durch Teilurteil erledigt und anschließend hinsichtlich der Widerklage ein Vergleich geschlossen, kommt eine Kostenprivilegierung nicht in Betracht.
Normenkette
GKG §§ 3, 39-40, 66 Abs. 2; GKG Teil 8 Vorbemerkung 8; GKG-KV Nrn. 8210-8211; GKG § 3 Abs. 1, § 39 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 20.07.2011; Aktenzeichen 9 Ca 4029/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 20.07.2011 (Az.: 9 Ca 4029/09) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Ansatz von Gerichtskosten in einem erstinstanzlichen Verfahren.
Der Kläger hatte im zugrunde liegenden Verfahren eine Kündigungsschutzklage erheben lassen. Die Beklagte hatte daraufhin eine Widerklage auf Zahlung von Euro 138.568,67 erhoben.
Durch Teilurteil vom 22.06.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten. Den Streitwert hat es auf Euro 17.154,00 festgesetzt.
Hinsichtlich der Widerklage ist das Verfahren fortgesetzt worden und am 22.02.2011 durch Vergleich beendet worden. Der Vergleich enthält keine Kostenregelung. Der Streitwert ist durch Beschluss vom gleichen Tag auf Euro 155.722, 67 festgesetzt worden.
Durch Kostenrechnung vom 10.05.2011 sind dem Kläger insgesamt Euro 1317,25 in Rechnung gestellt worden. Neben einer Zeugenentschädigung von Euro 122,50 wurden Gerichtsgebühren von Euro 2.512,00 in Ansatz gebracht und als Anteil des Klägers davon die Hälfte festgesetzt.
Mit einem am 17.05.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger dagegen Erinnerung einlegen lassen und gemeint, Gerichtskosten dürften nur aus dem Gegenstandswert des Teilurteils in Ansatz gebracht werden. Bei dem Vergleich handele es sich nicht um einen Teilvergleich.
Durch Beschluss vom 20.07.2011 hat der Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts die Erinnerung zurückgewiesen.
Gegen den dem Kläger am 26.07.2011 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 09.08.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, der Vergleich habe den Rechtsstreit insgesamt erledigt. Dieser Vergleich könne sich auch auf bereits abgeschlossene Verfahren beziehen. Deshalb sei auch der Streitwert insgesamt festgesetzt worden.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 16.08.2011 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie am 29.08.2011 dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 20.07.2011 ist gemäß § 66 Abs. 2 GKG statthaft und auch sonst zulässig. Der erforderliche Beschwerdewert von Euro 200,00 wird offensichtlich überschritten. Entgegen der Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts ist die Beschwerde auch nicht an eine Frist gebunden (vgl. Hartmann KostG 42. Aufl. § 66 GKG Rn. 40 m.w.N.).
2. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet.
Zunächst ist von einem Kostenansatz mit einer Gebühr gemäß Nr. 8210 KVGKG aus einem Wert von 155.722,67 auszugehen.
a. Gemäß § 3 Abs. 1 GKG richten sich die aus dem Kostenverzeichnis zu entnehmenden Gebühren für ein Verfahren nach dem Wert des Streitgegenstandes. Dieser sog. Kostenstreitwert ist nach den Bestimmungen der §§ 39 ff. GKG zu ermitteln.
Gemäß § 39 Abs. 1 GKG folgt daraus zunächst, dass in demselben Verfahren in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet werden. Für die Berechnung ist dabei gemäß § 40 GKG auf den Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung abzustellen und damit auf den den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden einleitenden Antrag. Zu Recht hat daher der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts bei der Berechnung der Gebühren einen Streitwert von 155.722,67 zugrunde gelegt.
b. Fehl geht die Auffassung des Klägers, Klage und Widerklage seien separate Verfahren und könnten nicht einheitlich betrachtet werden. Vielmehr verbietet sich gerade eine getrennte Betrachtungsweise schon deshalb, weil die Erhebung von Gegenansprüchen zu einer Zusammenrechnung der Streitwerte führen muss (§ 45 Abs. 1 GKG) und eine einheitliche Kostenentscheidung erfordert (vgl. OLG Stuttgart MDR 2002, 298; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 92 Rz. 5). Es ist daher gerade nicht möglich, Klage und Widerklage isoliert zu betrachten (vgl. Roloff NZA 2007, 900, 903).
c. Der Erhebung der Gerichtsgebühren steht die amtliche Vorbemerkung 8 des Teils 8 zum GKG nicht entgegen. Satz 2 der amtlichen Vorbemerkung bestimmt ausdrücklich, dass eine Gebührenprivilegierung nur eintritt, wenn der Vergleich den gesamten Streitgegenstand erledigt. Dies ist hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Fall. Einer Gesamterledigung steht das zuvor erfolgte Teilurteil entgegen. D...