Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlanfechtung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Anfechtung einer Betriebsratswahl ist die Angabe eines Antragsgegners nicht erforderlich (§ 19 BetrVG).
2. Eine gegenüber dem Wahlausschreiben zeitlich vorgezogene Stimmauszählung, ohne dass vorher Ort und Zeitpunkt dieser Stimmauszählung öffentlich im Betrieb bekannt gemacht worden sind, rechtfertigt die Wahlanfechtung.
Normenkette
BetrVG § 18 Abs. 3 S. 1, § 19 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 21.05.2007; Aktenzeichen 19a BV 167/06) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrats vom 6. August 2007 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 21. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Im Betrieb der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 6) fand in der Zeit vom 18. bis einschließlich 20. April 2006 eine Betriebsratswahl statt.
Nach dem Wahlausschreiben des Wahlvorstands vom 13. März 2006 (Blatt 5/6 der Akte) sollte die öffentliche Stimmauszählung am 23. April 2006 ab 15:30 Uhr im Aufenthaltsraum erfolgen.
Tatsächlich erfolgte die Stimmauszählung jedoch bereits am 20. April 2006. In der Wahlniederschrift mit dem Datum 20. April 2006 (Blatt 7 der Akte) stellte der Wahlvorstand fest, dass 52 Wahlumschläge mit 236 gültigen Stimmen abgegeben und die Herren St., P., C., Sch. und M. in den Betriebsrat gewählt worden sind.
Unstreitig ist weiter, dass während der Wahl am Donnerstag, den 19. April 2006 von 13:15 Uhr bis 13:45 Uhr weder ein Mitglied des Wahlvorstands noch ein von ihm bestellter Wahlhelfer im Wahlraum anwesend war, dass die Wahlurne in dieser Zeit nur vom damaligen und wiedergewählten Betriebsratsmitglied Herrn M. beaufsichtigt worden ist und dass während dessen Aufsicht Stimmabgaben durch Wahlberechtigte erfolgt sind.
Am 27. April 2006 fochten die Beteiligten zu 1) bis 4) zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht München diese Betriebsratswahl an und gaben dabei als Antragsgegner den Wahlvorstand und dessen Mitglieder an.
Mit Antrag vom 17. Juli 2006 (Blatt 19 der Akte) beantragten die Beteiligten zu 1) bis 4), das Verfahren auch auf den Betriebsrat als weiteren Beteiligten zu erstrecken. Sie sind der Ansicht, dass der Wahlvorstand durch die vorzeitige und nichtöffentliche Auszählung des Wahlergebnisses im Zusammenhang mit dem Umstand, dass die Wahlurne im Wahllokal zeitweise von ihm nicht beaufsichtigt worden war, gegen ganz wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen hat und die Wahl deshalb nichtig ist. Sie beantragten vor dem Arbeitsgericht München, die Betriebsratswahl vom 18. bis 20. April 2006 für unwirksam zu erklären, und hatten damit auch Erfolg. Auf die Gründe des Beschlusses vom 21. Mai 2007 wird Bezug genommen.
Mit der am 6. August 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Beschwerde gegen diese dem Betriebsrat (Beteiligter zu 5) am 9. Juli 2007 zugestellte Entscheidung wird der Abweisungsantrag weiterverfolgt. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 9. Oktober 2007 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, die Wahl für unwirksam erklärt, inhaltlich jedoch nicht die Anfechtung der Wahl, sondern deren Nichtigkeit geprüft und angenommen zu haben. Weiter sei fehlerhaft die Kausalität zwischen Fehler und Beeinflussung des Wahlergebnisses ungeprüft geblieben.
Die Annahme des Erstgerichts, die Stimmauszählung habe unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden, wird mit Nachdruck bestritten. Für die Dauer der gesamten Stimmauszählung seien stets Arbeitnehmer da gewesen und man habe auch keinem Arbeitnehmer den Zutritt zum Auszählungsraum verweigert. Auch sei die Auszählung durch Fenster von außen, insbesondere für die gerade tätigen Tankwarte, einsehbar gewesen. Des Weiteren liege dieser Raum direkt neben dem Schichtführerraum, sei mit diesem durch eine stets offen stehende Tür verbunden. Diese Räumlichkeiten würden „wie ein Raum” genützt. Im Übrigen sei dieser Vorwurf neu und gemäß § 19 Abs. 2 BetrVG präkludiert gewesen.
Da kein Arbeitnehmer die nachträgliche Briefwahl beantragt hatte, sei der Wahlvorstand bemüht gewesen, dem Wortlaut des Gesetzes Folge zu leisten. Nach § 13 Wahlordnung ist die Stimmauszählung unverzüglich nach Abschluss der Wahl durchzuführen. Nichts anderes habe der Wahlvorstand gemacht. Eine Beeinflussung des Wahlergebnisses sei durch diese Vorverlegung der Auszählung ebenfalls nicht eingetreten. Eine Beteiligung der drei Nichtwähler hätte auch zu keinem anderen Ergebnis führen können.
Aber selbst wenn insoweit ein Fehlverhalten vorliegen sollte, könnte dies nach Ansicht des Beschwerdeführers noch keineswegs zur Nichtigkeit der Wahl führen. Dies findet man im Folgenden dann auch näher begründet. Im Übrigen lässt der Beschwerdeführer weiterhin betonen, dass es bei der Stimmauszählung zu Unregelmäßigkeiten nicht gekommen sei, und stellt das auch unter Beweis.
Zu den prozessualen Streitfragen wird vorgetrag...