Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsersetzungsantrag. Auswahlentscheidung. Vorstellungsgespräch. Diskriminierung. Gleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Einzelfallentscheidung über einen Zustimmungsersetzungsantrag
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 95; BGB § 612a; GG Art. 3 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 11.02.2003; Aktenzeichen 21 BV 244/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 11. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
2. Für den Betriebsrat wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 BetrVG darüber, ob die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Herrn M. P. bereits als erteilt gilt, hilfsweise, diese Zustimmung zu ersetzen.
Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) unterhält in München eine Generalverwaltung mit einem aus neun Mitgliedern bestehenden Betriebsrat (Beteiligter zu 2).
Arbeitgeber und Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat sind seit Jahren bestrebt, Frauen in der X-Gesellschaft beruflich zu fördern. Mit dieser Zielrichtung sind zu nennen:
- ▪ Gesamtbetriebsvereinbarung über die Zusammenarbeit von Generalverwaltung und Gesamtbetriebsrat der X-Gesellschaft in Sachen „Gleichstellung von Frauen und Männern in der X-Gesellschaft” (Blatt 56 bis 59 der Akte);
- ▪ Frauenförder-Rahmenplan vom 26. März 1998 (Blatt 124 bis 136 der Akte) mit Anlagen;
- ▪ Senatsbeschluss vom 24. März 1995 zur Anpassung der Regelungen des Gesetzes zur Förderung von Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bundesverwaltung und den Gerichten des Bundes an die Besonderheiten der X-Gesellschaft = Anlage 2 zum Frauenförder-Rahmenplan (Blatt 145 bis 157 der Akte).
Im Frühjahr 2002 hatte der Antragsteller für die Finanzabteilung der Generalverwaltung zum nächstmöglichen Eintritt eine Referatsleiterin/einen Referatsleiter „Beteiligungen” gesucht und diese Stelle intern wie extern (intern vom 15. bis 22. April 2002) ausgeschrieben (Blatt 7 der Akte). Unter den darauf eingegangenen 32 Bewerbungen waren drei aus der Generalverwaltung gekommen.
Mit neun Bewerber/innen, darunter alle internen Bewerber, wurden Vorstellungsgespräche geführt, in die zweite Runde sind drei Bewerber (Frau Dr. H.-R. sowie die Herren L. und P.) gekommen, in der dritten Runde (am 5. Juli 2002) war Herr P. dann allein gewesen und ihn wählte der Antragsteller auch aus. Herr P. war damals 35 Jahre alt gewesen, er hatte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München sein Studium der Rechtswissenschaften mit einem überdurchschnittlichen Erfolg, das erste und zweite Staatsexamen jeweils mit Prädikat, abgeschlossen. Bis 1996 war er als Rechtsanwalt bei der F. Management GmbH, der T.-T. GmbH sowie bei der I.- und Gr. G. GmbH auf den Gebieten Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Projektplanung und -Abwicklung sowie auf allen Gebieten des Technologietransfers tätig gewesen, vor allem im Hinblick auf Konzeption, Begründung und Betreuung von StartUps.
Wesentlich war dem Antragsteller bei seiner Auswahlentscheidung zu Gunsten Herrn P.s gewesen, dass dieser Bewerber in den Vorstellungsgesprächen eine außerordentliche geistige Beweglichkeit gezeigt hatte, eine klare Strukturierung der Gedankenführung, die Fähigkeit, Argumente aufzugreifen und diese in ein Gesamtkonzept einzubeziehen. Er habe hohes Durchsetzungsvermögen bei gleichzeitiger Konsensfähigkeit erkennen lassen und nachdrücklich die Bereitschaft und Fähigkeit vermittelt, Arbeitsprozesse im Team kooperativ und erfolgsorientiert zu organisieren. Vor dem Hintergrund der Aufgabe, konzeptionelle Vorstellungen zum Aufgabenbereich des Referats zu entwickeln, hat sich in den Augen des Arbeitgebers/Antragstellers Herr P. anhand der genannten Kriterien mit Abstand als der geeignete Bewerber erwiesen.
Von der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten ist diese Auswahlentscheidung mit Schreiben vom 22. Juli 2002 (Blatt 8 der Akte) beanstandet worden. Der mit Schreiben vom 22. Juli 2002 (Blatt 9/10 der Akte) zwecks Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung angegangene Betriebsrat hat die vom Antragsteller zu Gunsten von Herrn P. und zu Lasten von Frau Dr. H.-R. gezogenen Schlussfolgerungen als unangemessen und auch nicht nachvollziehbar bezeichnet sowie gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung von Herrn P. verweigert. Auf sein diesbezügliches Schreiben vom 26. Juli 2002 (Blatt 17 bis 24 der Akte) wird Bezug genommen.
Der Arbeitgeber wertet diese Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich, da sich der Betriebsrat lediglich formal auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG berufe, ohne darzulegen, inwiefern diese Bestimmungen der beabsichtigten Einstellung entgegenstehen. Auch § 80 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verbiete nicht die Einstellung des männlichen Bewerbers; der Frauenförder-Rahmenplan enthalte keinen Rechtssatz, aus dem ein bestimmter Bewerber einen Anspruch auf Einste...