rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei mehrfacher Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden mehrere, zu unterschiedlichen Terminen ausgesprochene Kündigungen in getrennten Verfahren angegriffen, hängt die Höhe des Streitwerts für jedes Verfahren nach § 12 Abs. 7 ArbGG davon ab, für welchen Zeitraum ein der Klage stattgebendes Urteil den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt.

2. Liegt zwischen den Beendigungsterminen zweier Kündigungen ein Zeitraum von weniger als einem Vierteljahr, bestimmt sich der Streitwert im Verfahren gegen die erste Kündigung nach der Höhe des Zwischenverdienstes bis zum Beendigungstermin der zweiten Kündigung.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7; ZPO §§ 3, 5

 

Verfahrensgang

ArbG Passau (Beschluss vom 08.03.1988; Aktenzeichen 2 Ca 273/87 D)

 

Tenor

1. Der Beschluß des Arbeitsgerichts Passau vom 8.3.1988 – 2 Ca 273/87 D – wird aufgehoben.

2. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Klägervertreters wird wie folgt festgesetzt:

Für das Verfahren 2 Ca 273/87 D bis 6.5.1987 auf

DM 8.528,–

bis zur Verbindung am 3.6.1987 auf

DM 393,60

ab 4.6.1987 auf

DM 8.528,–

für das Verfahren 2 Ca 279/87 D bis zur Verbindung auf

DM 8.528,–

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte hat den Kläger, der seit September 1986 bei ihr beschäftigt war und bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 41 Stunden einen Stundenlohn von DM 16,– verdiente, am 2.5.1987 und 6.5.1987 jeweils außerordentlich (fristlos) entlassen. Gegen die erste Kündigung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4.5.1987 das Kündigungsschutzverfahren 2 Ca 273/87 D eingeleitet. Gegen die zweite Kündigung hat er mit Schriftsatz vom 9.5.1987 Klage eingereicht. Das Verfahren erhielt das Aktenzeichen 2 Ca 279/87 D. Beide Verfahren wurden unter Führung des erstgenannten am 3.6.1987 verbunden. Der Rechtsstreit endete durch Klagerücknahme vom 22.2.1988. Mit Beschluß vom 8.3.1988 hat das Erstgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Klägervertreters wie folgt festgesetzt:

  1. für das Verfahren im allgemeinen auf DM 16.608,–
  2. für die mündliche Verhandlung „…” 8.304,–
  3. für das Beweisaufnahmeverfahren „…” –,–
  4. für die Erörterung der Sache „…” 8.304,–
  5. für den gerichtlichen Vergleich „…” –,–
  6. für die in den Vergleich aufgenommene Einigung über nicht rechtshängige Ansprüche „…” –,–.

Gegen diese, dem Kläger am 9.3.1988 zugestellte Entscheidung richtet sich seine Beschwerde vom 23.3.1988, die am gleichen Tag bei Gericht einging und mit der der Kläger erreichen will, daß für das zweite Kündigungsschutzverfahren nur ein Gegenstandswert von einem Monatsgehalt angesetzt wird. Außerdem will er die Festsetzung des Gegenstandswertes für beide Verfahren bis zur Verbindung erreichen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die nach § 10 Abs. 3 BRAGO statthafte Beschwerte ist im wesentlichen begründet. Dabei ist der Beschluß des Arbeitsgerichts Passau schon deshalb aufzuheben, weil er den Streitwert jeweils für bestimmte Gebührentatbestände festsetzt, während der vom Gericht nach § 10 Abs. 1 BRAGO festzusetzende Gegenstandswert das Verfahren als solches betrifft und für alle Gebühren gilt, die während des Verfahrens anfallen. Lediglich bei Änderungen des Gegenstandswertes während des Verfahrens ist eine Differenzierung erforderlich, aber nicht hinsichtlich der Gebührentatbestände, sondern hinsichtlich der Zeiträume, für die unterschiedliche Werte anzusetzen sind. Die Feststellung, welche Anwaltsgebühren während der einzelnen Zeiträume angefallen sind, obliegt ggf. im Rahmen eines Kostenverfahrens dem Kostenbeamten bzw. Rechtspfleger (§ 104 ZPO; § 21 Abs. 1 Nr. 1 RPflG).

2. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit der Klägervertreter ist aus den formulierten Klageanträgen zu entnehmen, wobei für Feststellungsanträge i.S.d. § 13 Abs. 1, § 4 KSchG gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG nach der ständigen Rechtsprechung aller Kammern des Landesarbeitsgerichts München das für ein Vierteljahr zu zahlende Arbeitsentgelt anzusetzen ist, wenn sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, daß das wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers an der Beseitigung der Kündigung geringer ist.

Dieser Betrag ist für die Kündigungsschutzklage gegen die zwei angegriffenen außerordentlichen Kündigungen nach der Verbindung nur einmal anzusetzen. Daß die Beklagte zu unterschiedlichen Termin wiederholt gekündigt hat, ändert nichts an der Tatsache, daß der Kläger mit der verbundenen Klage die unbefristete Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses erreichen wollte und daher nur ein Kündigungsschutzverfahren vorliegt. Auch in diesen Fällen ist regelmäßig ein einheitlicher Streitwert anzusetzen, der den Höchstbetrag von drei Monatsverdiensten nicht übersteigen darf, sofern nur über alle Kündigungen im gleichen Verfahren zu entscheiden ist (BAG AP 16 § 12 ArbGG 73; LASG FRankfurt AR-Blattei Kündigungsschutzentscheidung Nr. 130; Grunsky, 4. Aufl., § 12 ArbGG Rd.Nr. 4; Friedrich, § 4 KSchG Rd.Nr. 275; LAG München, Beschlüsse vom 27.11.1981 – 5 Ta 79/81, vom 12.12.1983 –6 Sa 309/82, vom 1.3...

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