Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für einen Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG ist neben dem Streitwert der Kündigungsschutzklage nach § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG kein zusätzlicher Streitwert anzusetzen (gegen LAG Berlin vom 30.12.1999, 7 Ta 6121/99 (Kost) = LAGE § 12 ArbGG Streitwert = MDR 2000, 526 = JurBüro 2000, 307).

2. Der Rechtsanwalt kann gegen einen Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts im eigenen Namen Beschwerde mit der Begründung einlegen, der Streitwert sei zu niedrig angesetzt.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1; KSchG § 9 Abs. 1; BRAGO § 10 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Beschluss vom 19.06.2001; Aktenzeichen 4 Ca 497/01)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen denStreitwertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 19.6.2001 wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Mit seiner Kündigungsschutzklage vom 12.3.2001 begehrte der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2.3.2001 nicht zum 30.4.2001 aufgelöst sei. Zugleich beantragte er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung von DM 23.700,–. Außerdem beantragte er klageerweiternd die Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen habe, der diesem durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehe. Das Monatsgehalt des Klägers betrug DM 1.908,– brutto.

Nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs am 26.4.2001 beantragten die Prozessbevollmächtigten beider Parteien Festsetzung des Streitwerts, wobei die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Ansicht vertraten, neben dem Feststellungsantrag zur Kündigung, der mit 3 Monatsvergütungen = DM 5.940,– zu bewerten sei und dem Feststellungsantrag zur Schadensersatzverpflichtung, für den sie DM 1.000,– für angemessen hielten, müsse der Auflösungsantrag mit einem weiteren Monatsgehalt von DM 1.908,– bewertet werden.

Das Arbeitsgericht Rosenheim hat mit Beschluss vom 19.6.2001 den Streitwert auf DM 6.940,– festgesetzt und eine Erhöhung wegen des Auflösungsantrags mit der Begründung abgelehnt, dass § 12 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 ArbGG dem entgegenstehe.

Mit ihrer am 21.6.2001 im eigenen Namen und im Namen des Klägers eingelegten Beschwerde verfolgen die Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Hinweis auf einen Beschluss des LAG Berlin vom 30.12.1999 JurBüro 2000, 307 (= MDR 2000, 526 = LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 119 b) ihren Antrag auf Festsetzung des Streitwerts auf DM 8.848,– weiter. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO), weil bei der beantragten Erhöhung des Streitwerts sich die Anwaltsgebühren um mehr als DM 100,– erhöhen würden. Sie ist allerdings unzulässig, soweit sie im Namen des Klägers eingelegt ist; denn der Kläger ist durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung begünstigt und nicht beschwert. Da jedoch die Streitwertfestsetzung für die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich ist (§§ 7 Abs. 1; 8 Abs. 1 BRAGO) und der Anwalt insoweit im eigenen Namen die Wertfestsetzung beantragen kann (§§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 2 Satz 2 BRAGO), ist er auch im eigenen Namen beschwerdeberechtigt. Insoweit liegt auch eine ausreichende Beschwer durch die Festsetzung eines angeblich zu niedrigen Streitwerts vor.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet.

Da sich die Anwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wertvorschriften bestimmen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO), ist für die Wertbestimmung der Kündigungsschutzklage § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG einschlägig:

„Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet.”

Danach ist zunächst der Feststellungsantrag des Klägers, dass die Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe, mit höchstens 3 Monatsvergütungen des Klägers, das sind DM 5.940,–, zu bewerten.

Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten des Klägers, die sich auf den Beschluss des LAG Berlin vom 30.12.1999 a.a.O. stützen, widerspricht eine zusätzliche Bewertung des Auflösungsantrags der gesetzlichen Regelung in § 12 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 ArbGG, wonach eine Abfindung nicht hinzugerechnet wird.

Zwar mag es sein, dass Feststellungsantrag und Auflösungsantrag mit Verurteilung zur Abfindungszahlung zwei trennbare Streitgegenstände bilden (BAG vom 6.3.1979 AP Nr. 31 zu § 72 ArbGG Streitwertrevision unter 2 a der Gründe). Dies rechtfertigt aber noch nicht die Überschreitung der Höchstgrenze des Streitwerts einer Kündigungsklage mit einem von einer Partei gestellten Auflösungsantrag. Da die gerichtliche Verurteilung zu einer Abfindung ...

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