Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Gegenstandswerts für den Vergleich unter Berücksichtigung eines Vergleichsmehrwerts zur Berechnung der Anwaltsgebühren
Leitsatz (redaktionell)
Folgt eine Beschwerdekammer im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit verbunden im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bei bestimmten typischen Fallkonstellationen den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission, die im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte niedergelegt sind, derzeit in der Fassung vom 09.02.2018, wird dabei nicht verkannt, dass der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte nicht bindend ist. Die Entscheidung des Erstgerichts ist vom Beschwerdegericht somit nicht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, sondern das Beschwerdegericht hat eine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 03.08.2023; Aktenzeichen 3 Ca 6062/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägerinvertreters und unter ihrer gebührenpflichtigen Zurückweisung im Übrigen wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 03.08.2023 - 3 Ca 6062/23 - teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Gegenstandswert für den Vergleich war auf 32.390,74 € unter Berücksichtigung eines Vergleichsmehrwerts von 16.818,74 € festzusetzen.
Der Klägerinvertreter hat die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG zu tragen.
Gründe
I.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begehrt im Beschwerdeverfahren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für den Vergleich und den Vergleichsmehrwert zur Berechnung seiner Anwaltsgebühren.
Die Parteien stritten im Ausgangsverfahren über einen Kündigungsschutzantrag, allgemeinen Feststellungsantrag, Zwischenzeugniserteilungsantrag sowie über einen Weiterbeschäftigungsantrag, der mit der Formulierung "Sollte die Beklagten im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichtes erklären, dass... ", eingeleitet worden war. Unter Aufhebung des Gütetermins stellte das Arbeitsgericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich fest, für dessen Inhalt auf Bl. 50 ff. d. A. Bezug genommen wird.
Auf Antrag des Klägerinvertreters hat das Arbeitsgericht München durch Beschluss vom 03.08.2023 - 3 Ca 6062/23 - den Streitwert auf 19.465,00 € und den überschießenden Vergleichsmehrwert auf 34.011,74 € festgesetzt. Für die Aufschlüsselung des Vergleichsmehrwerts wird auf Bl. 63 d. A. Bezug genommen. Der Beschluss enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Am 09.08.2023 hat der Klägerinvertreter im eigenen Namen Beschwerde eingelegt; der Gegenstandswert für den Vergleich sei auf insgesamt 78.049,74 € bei einem Vergleichsmehrwert von 58.584,74 € festzusetzen.
Die Regelung in Ziff. 9 des Vergleichs zur Auskunft und zur Übersendung von Kopien nach der DSGVO sei gem. § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG iHv jeweils 5.000,00 € anzunehmen. Es hätten wirtschaftliche und ideelle Interessen der Klägerin an den Auskünften bestanden, da zwischen den Parteien das von der Beklagten ausgeübte Mobbing sowie der Inhalt des Zeugnisses und dessen Bewertung streitig gewesen sei.
Ziff. 12 des Vergleichs - Verschwiegenheitspflicht - sei streitig gewesen. Die Beklagte habe behauptet, dass eine solche "von allen vertraulichen Angelegenheiten" bestehe, während die Klägerin in den Verhandlungen auf die Verschwiegenheitspflicht nach dem GeschGehG hingewiesen habe. Dies sei ein Streit über den Umfang der Verschwiegenheitspflicht und mit einem Bruttomonatsgehalt festzusetzen.
Die in Ziff. 13 und 14 geregelten Erteilungen eines Zwischen- und Endzeugnisses seien mit jeweils einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten. Es lägen getrennte Streitgegenstände vor, die sich auch vom Zwischenzeugniserteilungsantrag unterschieden. Es sei die Bewertung, die Frage, ob eine Hol- oder Bringschuld vorläge, wer die Unterschrift leisten müsse und der Anspruch auf eine Dankes-, Bedauerns- und Schlussklausel geregelt worden. Die Leistung der Klägerin sei streitig gewesen, insbesondere im Hinblick auf die beiden Abmahnungen. Die Beklagte habe nur befriedigende Leistungen behauptet.
Die in Ziff. 16 des Vergleichs geregelte Übersendung der Arbeitsbescheinigung sei mit mindestens einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten, weil damit eine Sperrzeit vermieden worden sei.
Die in Ziff. 18 des Vergleichs geregelte Rücknahme des Widerspruchs gegen den Zustimmungsbescheid des Inklusionsamts sei mit dem Hilfswert iHv 5.000,00 € zu bewerten.
Ausweislich Ziff. 19 des Vergleichs, seien von der Klägerin Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings geltend gemacht worden seien. Mangels der Möglichkeit der Bezifferung seien diese mit dem beantragten Hilfswert iHv 5.000,00 € festzusetzen.
Durch Beschluss vom 09.08.2023 hat das Arbeitsgericht München der Beschwerde des Klägerinvertreters teilweise abgeholfen und den überschießenden Vergleichsmehrwert auf 34.511,74 € festgesetzt. Im Übrigen hat es die Beschwerde dem Landesarbeitsgerich...