Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung einer Eingruppierung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpflichtung zur Durchführung des Eingruppierungs-Mitbestimmungsverfahrens trifft in einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen nur den am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten, jeweiligen Vertragsarbeitgeber des einzugruppierenden Arbeitnehmers.
2. Geht ein Betriebsteil unter Wahrung seiner Identität durch Rechtsgeschäft auf einen Erwerber über, muss dieser einen bisher im übergegangenen Betriebsteil praktizierten Entlohnungsgrundsatz, die Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf ihre Tarifgebundenheit in eine tarifliche Entgeltordnung einzugruppieren, auch dann weiter anwenden, wenn er – im Gegensatz zum bisherigen Betriebsteilinhaber – nicht tarifgebunden ist, solange dieser Entlohnungsgrundsatz nicht unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs.1 Nr.10 BetrVG abgelöst ist (im Anschluss an BAG 08.12.2009 – 1 ABR 66/08).
Normenkette
ZPO §§ 253, 256; BetrVG §§ 99, 101, 87
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 14.01.2009; Aktenzeichen 37 BV 48/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 – 4 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 14.01.2009 – 37 BV 48/08 – geändert:
- Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, hinsichtlich der Arbeitnehmer E., F., G., H. und I. eine Eingruppierungsentscheidung in Bezug auf den Entgeltrahmentarifvertrag vom 01.11.2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) zu treffen, beim Antragsteller dessen Zustimmung zur Eingruppierung zu beantragen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Verfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
- Der Beteiligten zu 3 wird aufgegeben, hinsichtlich des Arbeitnehmers J. eine Eingruppierungsentscheidung in Bezug auf den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den technischen Betrieben für Film und Fernsehen (VTFF) vom 20.02.2008 zu treffen, beim Antragsteller dessen Zustimmung zur Eingruppierung zu beantragen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
- Der Beteiligten zu 4 wird aufgegeben, hinsichtlich des Arbeitnehmers K. eine Eingruppierungsentscheidung in Bezug auf den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den technischen Betrieben für Film und Fernsehen (VTFF) vom 20.02.2008 zu treffen, beim Antragsteller dessen Zustimmung zur Eingruppierung zu beantragen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
- Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberseite, in einem gemeinsamen Betrieb Eingruppierungsentscheidungen zu treffen, hierzu vom Betriebsrat die Zustimmung einzuholen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben, ferner um die Frage, ob eine Zustimmungsverweigerung auch dann vorliegt, wenn der Betriebsrat einer Nichteingruppierung nicht zustimmt, weil nach seiner Auffassung eine Eingruppierung erforderlich ist.
Die zu 2 bis 4 beteiligten Arbeitgeberinnen betreiben am Standort M. einen Gemeinschaftsbetrieb mit knapp 700 Arbeitnehmern. Die Arbeitgeberinnen gehören zur L.Gruppe, deren Gesellschaften sich mit der Produktion, dem Verleih und dem Vertrieb von digitalen und mechanischen Geräten zur Filmherstellung befassen. Antragsteller ist der am Standort M. gebildete Betriebsrat.
Die zu 2 beteiligte Arbeitgeberin führt seit dem 01.01.1978 den Geschäftsbetrieb der vormaligen A. KG fort, die am 16.07.1960 mit der IG Metall einen Haustarifvertrag in Form eines Anerkennungstarifvertrags abgeschlossen hatte. Diesen Tarifvertrag wandte die zu 2 beteiligte Arbeitgeberin in ihrem Betrieb weiter an. Nach einem zwischen ihr und der IG Medien abgeschlossenen Haustarifvertrag vom 02.03.1990 gelten für die Arbeitnehmer sowie die Auszubildenden der „Betriebsgruppe Film” die zwischen der IG Medien und dem Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e. V. (VTFF) geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung.
Die zu 2 beteiligte Arbeitgeberin übertrug zum 01.07.2002 im Wege eines Betriebsteilübergangs ihren zum M. Betrieb gehörenden Bereich „Kopierwerk” auf die zu 3 beteiligte Arbeitgeberin und ihren Münchner Bereich „Leihpark” auf die zu 4 beteiligte Arbeitgeberin. Die Beteiligten schlossen dazu am 25.06.2002 folgende Betriebsvereinbarung (BV 2002):
„…
2. Die Betriebsparteien sind sich einig, dass die aufnehmenden Gesellschaften in Bezug auf die genannten Mitarbeiter mit Wirkung zum 01.07.2002 betriebsverfassungsrechtlich in die Rechte und Pflichten der D. GmbH & Co. Betriebs KG eintreten. Zudem wird die Tarifvertragsbindung, VTFF Tarifvertrag der Bereiche Kopierwerk und Leihparks-M., weiter aufrechterhalten.
3. Die aufnehmenden Unternehmen sichern zu, unter beratender Mitwirkung des Betriebsrats, die Möglichkeiten eines Haustarifve...