Entscheidungsstichwort (Thema)
In der Regel beschäftigte Arbeitnehmer. Betriebsratswahl
Leitsatz (amtlich)
Anfechtung der Betriebsratswahl:
Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder – aufgrund einer Rahmenvereinbarung regelmäßig tageweise befristet beschäftigte Aushilfskräfte als „in der Regel” beschäftigte Arbeitnehmer i. S. d. §§ 9 Satz 1, 7 Satz 1 BetrVG?
Normenkette
BetrVG §§ 19, 9, 7, 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 11.07.2006; Aktenzeichen 34 BV 99/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 2. gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts München vom11. Juli 2006 –34 BV 99/06 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1 ficht die in ihrem Betrieb im März 2006 stattgefundene Wahl des Betriebsrats und Beteiligten zu 2 insbesondere mit der Begründung an, dass ein zu großer Betriebsrat – mit neun statt sieben Betriebsratsmitgliedern, wie nach der gesetzlichen Regelung vorgegeben – gewählt worden sei.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1 druckt in ihrem Druckereibetrieb insbesondere die Tageszeitungen „M.” und „T.”. Sie beschäftigt 170 Arbeitnehmer (Arbeiter bzw. gewerbliche Mitarbeiter und Angestellte). Daneben hat sie mit 103 Personen Rahmenvereinbarungen abgeschlossen, auf deren Basis diese im Bedarfsfall im Rahmen von jeweils auf einen Tag befristeten Arbeitsverträgen als „täglich befristete Arbeitnehmer” (hier auch bezeichnet als „Mini-Jobber”) im Versand tätig sind. Die exemplarisch vorgelegte „Rahmenvereinbarung” (Anl. ASt 4, Bl. 43 d. A.) bestimmt auszugsweise:
Ӥ 1
Gegenstand des Vertrages
D. benötigt für die Laufzeit dieses Vertrages für Tätigkeiten in der Druckerei gelegentlich und in unregelmäßigen, z. Zt. noch nicht näher festlegbaren Abständen die Arbeitskraft des Arbeitnehmers zur Bewältigung auftretender Arbeitsspitzen. Mit dem Arbeitnehmer wird im Bedarfsfall ein auf den jeweiligen Einsatztag befristeter Arbeitsvertrag geschlossen. Diese Vereinbarung regelt das Zustandekommen und den Inhalt dieser Arbeitsverträge. Mit der vorliegenden Rahmenvereinbarung wird also kein Arbeitsverhältnis, auch nicht in Form eines Abrufarbeitsverhältnisses, begründet.
§ 2
Vertragsschluss und Anstellung
Für den Fall, dass D. die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers benötigt, wird er diesem anbieten, ihn zu beschäftigen. Die Annahme des Vertragsangebots erfolgt durch die verbindliche Zusage des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung an dem benannten Tag zu erbringen. Mit der Annahme kommt ein Arbeitsvertrag zustande. Dieser wird jeweils befristet auf den jeweiligen Einsatzzeitraum geschlossen. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, ein Angebot von D. auf Abschluss eines Arbeitsvertrages anzunehmen. Sollte eine bereits vereinbarte Arbeitsleistung nicht erbracht werden können, so ist D. unverzüglich zu unterrichten. D. ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer Beschäftigungsangebote zu machen.
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die Befristung seines Arbeitsverhältnisses am jeweiligen Beschäftigungstag schriftlich zu bestätigen.
…”
Die Arbeitgeberin beschäftigt diese Aushilfskräfte im Rahmen von jeweils auf einen Tag befristeten Arbeitsverhältnissen im statistischen Mittel etwa einmal wöchentlich und setzt in den drei bestehenden Schichten im Durchschnitt täglich jeweils insgesamt 16 bis 18 dieser tagesbefristeten Aushilfskräfte ein (Aufstellung der Arbeitgeberin, bezogen auf den Wochendurchschnitt, in Anl. ASt 5, Bl. 44/45 d. A.) – wobei an den einzelnen Tagen/Schichten der Einsatz dieser Aushilfskräfte zwischen 0 und 28/30 Personen schwankt.
Nach dem Vorbringen der Arbeitgeberin habe sie bis etwa zum verfahrensgegenständlichen Wahlausschreiben bzw. bis Ende Februar 2006 mit den Tagesaushilfskräften erst im Laufe des jeweiligen Arbeitstages eine schriftliche Befristungsvereinbarung getroffen. Die Arbeitgeberin sieht diese für einen Tag befristet abgeschlossenen Aushilfsarbeitsverträge als formwirksam – und auch durch Sachgründe gerechtfertigt – an, da der Abschluss der Rahmenvereinbarung hierfür ausreichend sei und dem Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses genüge, zumal dort auf ausschließlich einen Tag umfassende Aushilfsarbeitsverträge abgestellt sei. Selbst wenn, so die Arbeitgeberin, zusätzlich eine formwirksame besondere Befristungsabrede für den betreffenden Tag verlangt würde, hätte sie dies mit ihrem früheren Verfahren eingehalten – während nunmehr die Befristungsabrede jeweils bereits vor Aufnahme der Tätigkeit am jeweiligen Einsatztag unterzeichnet werde.
Nachdem nach unbestritten gebliebenem Vorbringen der Arbeitgeberin bei den Wahlen zum Betriebsrat in den Jahren 1993, 1995 und 1998 hinsichtlich der Zahl der „in der Regel” beschäftigten Arbeitnehmer des Betriebes im Sinne des § 9 Satz 1 BetrVG die durchschnittliche Zahl der an einem Arbeitstag befristet beschäftigten Versandaushilfen herangezogen worden sei und die Abstimmung an einem Arbe...