Entscheidungsstichwort (Thema)

Gruppenprinzip. Entsendung in den Gesamtbetriebsrat. Abberufung der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats. Übergangsregelung. Neuwahl des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Bereits während der gesetzlich geregelten Übergangsphase bis zur Neuwahl des entsendenden Betriebsrats nach Art. 14 i.V.m. Art. 1 Nr. 35a BetrV-ReformG kann jederzeit und grundlos eine Abberufung des noch nach dem Gruppenprinzip entsandten Mitglieds des Gesamtbetriebsrats durch Mehrheitsentscheidung des entsendenden Betriebsrats ohne Rücksicht auf das Gruppenprinzip erfolgen.

 

Normenkette

BetrVG § 47 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 17.07.2003; Aktenzeichen 22 BV 151/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 16.03.2005; Aktenzeichen 7 ABR 33/04)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 3. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 17. Juli 2003 – 22 BV 151/03 – wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten zu, nunmehr, 1. bis 3. machen die Unwirksamkeit ihrer Abberufung als Mitglied – Beteiligter zu 1. – bzw. Ersatzmitglieder – Beteiligte zu 2. und zu 3. – des Gesamtbetriebsrates, des Beteiligten zu 4., im Unternehmen der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 6. geltend.

Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Mitglieder des Betriebsrates (Beteiligten zu 5.) im Betrieb … der Arbeitgeberin. Dessen insgesamt 29 Mitglieder wurden im Mai 2001. vor Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes, im Wege der Gruppenwahl gemäß § 10 BetrVG a.F. gewählt, wobei die Beteiligten zu 1. bis 3. die (einzigen) drei gewählten Betriebsratsmitglieder der Gruppe der Arbeiter sind (über die einzige Vorschlagsliste der Arbeitergruppe: „Offene Liste – IG Metall Infineon” gewählt wurden), wahrend die 26 Mitglieder der Mehrheitsgruppe der Angestellten in diesem Betriebsrat über drei für diese Gruppe eingereichte Vorschlagslisten (Wahlniederschrift vom 23.05.2001, Bl. 173/174 d.A.) gewählt wurden. In der ersten Sitzung des konstituierten Betriebsrates am 18.06.2001 (Protokoll. Bl. 10/Rückseite der Akten) wurden der Beteiligte zu 1. als Gruppenvertreter der Arbeitergruppe und die Beteiligten zu 2. und zu 3. als Ersatzmitglieder in getrennter Wahl der Betriebsratsmitglieder der Arbeitergruppe in den Gesamtbetriebsrat entsandt. Mit Beschluss des Betriebsrates vom 09.04.2003 wurden die Beteiligten zu 1. bis 3. als Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrates abberufen.

Im vorliegenden Verfahren machen die Beteiligten zu 1. bis 3. die Unwirksamkeit letzteren Abberufungsbeschlusses vom 09.04.2003 und die Feststellung geltend, dass sie nach wie vor Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrates sind.

Das Arbeitsgericht München hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Juli 2003, auf den wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des Vorbringens sowie der Anträge der Beteiligten im ersten Rechtszug verwiesen wird, die Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, dass im Anschluss an das vorgelegte Gutachten vor … die Auslegung der Übergangsvorschrift des Art. 14 des Betriebsverfassungsreformgesetzes (BetrVG-ReformG) und der §§ 47 bis 49 BetrVG n.F. ergebe, dass der Abberufungsbeschluss des Betriebsrates vom 09.04.2003 rechtswirksam sei, da die in der Übergangsregelung angeordnete Fortgeltung des § 47 Abs. 2 BetrVG a.F. für zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des neuen Betriebsverfassungsgesetzes bereits nach altem Recht gewählte Betriebsräte so zu verstehen sei, dass kleineren Betriebsräten bis zur Neuwahl weiterhin zwei Gesamtbetriebsratsmitglieder zustünden, die wegen des Gruppenschutzes in den Gesamtbetriebsrat entsandt worden seien, jedoch vom Gesetzgeber ein Fortwirken des Gruppenschutzes bei der Abrufung von Gesamtbetriebsratsmitgliedern nicht gewollt gewesen sei. Die Einbeziehung auch des Satzes 4 des § 47 Abs. 2 BetrVG a.F. in die Übergangsregelung vertrage sich weder mit § 49 noch mit § 47 Abs. 7 BetrVG und dürfte damit ein Redaktionsversehen gewesen sein, da die Mitglieder des Gesamtbetriebsrates nunmehr jeweils die Hälfte der Wahlberechtigten ihres Betriebes repräsentierten und deshalb bei Fortgeltung ihrer Gesamtbetriebsratszugehörigkeit als Gruppenvertreter unter Umständen erheblich an Stimmengewicht verlieren oder gewinnen würden – so dass es dem Betriebsrat möglich sein müsse, die Gruppenvertreter durch Mehrheitsbeschluss abzuberufen und Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat zu entsenden, die nach seiner Überzeugung alle Wahlberechtigten mit größerer Legitimation vertreten würden.

Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. bis 3. am 01.08.2003 zugestellten Beschluss richtet sich deren Beschwerde mit Schriftsatz vom 01.09.2003 am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung diese innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist mit Schriftsatz vom 08.10.2003 vorgetragen haben, dass der Gesetzgeber in Art. 14 BetrVG-ReformG eindeutig und willentlich festgelegt habe, dass die Struk...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge