Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung über die Vergütung von Reisezeiten bei AT-Angestellten
Leitsatz (redaktionell)
1. Betriebsvereinbarungen sind wie Tarifverträge auszulegen. Abzustellen ist zunächst auf den Wortlaut. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in der Regelung seinen Niederschlag gefunden hat. Ferner sind der Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der Regelung zu beachten.
2. Das „höchste Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie” im Sinne einer Betriebsvereinbarung kann das höchste Tarifgehalt Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr sein; die in der Gehaltstafel aufgeführten Gehaltsbeträge stellen auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ab.
Normenkette
BetrVG § 50; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 12.05.2006; Aktenzeichen 3 BV 2/06) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts München vom12.05.2006 – 3 BV 2/06 – wird zurückgewiesen.
Der Tenor Ziffer 1) wird jedoch neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass sich die in Ziffer 2.2 und 2.3. der Betriebsvereinbarung über die Vergütung von Dienstreisestunden vom 01.08.1985 (32 D 16) angesprochene Gehaltsgrenze für außertarifliche Angestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nach dem auf die 40-Stunden-Woche hoch zurechnenden höchsten Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie (Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr nach der Gehaltstafel der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, Stand 01.06.2006 EUR 4.302, –) richtet.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV).
Der Beteiligte zu 1) ist der Betriebsrat des Betriebes, den die Beteiligte zu 2) in O:, W.-Straße führt. Im Betrieb ist die Gesamtbetriebsvereinbarung über die Vergütung von Dienstreisestunden (32 D 16) vom 1.8.1985 (Blatt 7 und 8 d.A.) anwendbar.
Gemäß Ziffer 2. der GBV sind darin für den AT-Bereich, d.h. für die außertariflichen Mitarbeiter, folgende Regelungen enthalten:
2. AT-Bereich
2.1 |
Vergütungsfähig ist die notwendige Reisezeit bei angeordneten Dienstreisen im Inland und Ausland
- soweit sie außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit liegt und
- 4 Stunden an Arbeitstagen und 12 Stunden an arbeitsfreien Tagen nicht übersteigt. ≪/L≫
|
2.2 |
AT-Mitarbeiter, deren monatliches Bruttogehalt das höchste Tarifgehalt für Angestellte der bayerischen Metallindustrie um nicht mehr als 50 % übersteigt (derzeit 6.530,00 DM) wird die vergütungsfähige Reisezeit als Gleitzeitguthaben vergütet. |
2.3 |
AT-Mitarbeiter, deren monatliches Bruttogehalt über der in 2.2 definierten Gehaltsgrenze von derzeit 6.530,00 DM liegt, wird die vergütungsfähige Reisezeit zur Hälfte als Gleitzeitguthaben vergütet. |
2.4 |
Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Arbeitszeitbelastung nicht in der Lage sind, ihr Gleitzeitguthaben aus vergüteten Reisezeiten im Rahmen der GLAZ-Regelung auszugleichen, können dieses Guthaben nach Zustimmung ihres Vorgesetzten auf ihr Freizeitkonto übertragen lassen. |
In § 1 Ziff. 3. (II) d des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist geregelt, dass nicht als Angestellte im Sinne des Manteltarifvertrages gelten: „Sonstige Angestellte, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Gruppe VII um 25 v.H. hinausgehend geregelt ist.”
Zu dieser Bestimmung gibt eine Anmerkung der Tarifvertragsparteien.
Der Wortlaut dieser Anmerkung war nach der Fassung des MTV, der bei Abschluss des GBV am 19.7.1985 galt:
„Unter dem höchsten Tarifsatz der Gruppe VII ist bei einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden das höchste Tarifgehalt der Gehaltstafel zu verstehen. Bei Vereinbarung von einer 38,5 Stunden abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, wird das höchste Tarifgehalt nach der Formel gemäß § 6 Ziff. 1 zugrunde gelegt.”
Nach der derzeit geltenden Fassung des Manteltarifvertrages, Stand 1.7.2002, lautet die Anmerkung:
„Unter dem höchsten Tarifsatz der Gruppe VII ist das höchste Tarifgehalt der Gehaltstafel zu verstehen, der die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß § 3 Ziff. 1 Abs. (I) zugrunde liegt. Bei einer abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird das höchste Tarifgehalt nach der Formel gemäß § 6 Ziff. 1 zugrunde gelegt.”
Im Zeitpunkt des Entstehens der GBV betrug gemäß § 3 Ziff. 1 MTV die wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 38,5 Stunden. Ferner war in dieser Bestimmung geregelt, dass die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zwischen 37 und 40 Stunden (Vollzeitbeschäftigte) betragen kann.
Nach § 3 Ziff. 1 Abs. (I) des derzeit geltenden Manteltarifvertrages, Stand 1.7.2002, beträgt die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 35 Stunden. Gemäß Absatz (III) dieser Bestimmung kann für einzelne Arbeitnehmer die individuelle rege...