Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalcomputer
Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.
2. Bei der Feststellung der „Erforderlichkeit” im Sinne des Gesetzes hat der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen.
3. Zu der in § 40 Abs. 2 BetrVG erwähnten Informations- und Kommunikationstechnik gehören insbesondere auch Computer mit entsprechender Software.
4. Der Betriebsrat kann die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software allerdings – ebenso wie die übrigen in § 40 Abs. 2 BetrVG genannten Sachmittel – vom Arbeitgeber nur verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist.
5. In einem Betrieb mit ca. 120 Arbeitnehmern, mit 38 räumlich bis zu 30 km voneinander entfernten Betriebsstätten, mit einem 7-köpfigen Betriebsrat, dessen Mitglieder in verschiedenen Betriebsstätten mit z.T. unterschiedlichen Arbeitszeiten beschäftigt sind, darf der Betriebsrat die Nutzung einer Textverarbeitung mittels eines – nicht vernetzten – Personalcomputers nebst Drucker für erforderlich im Sinne von § 40 BetrVG halten.
6. Ohne die begehrte Nutzungsmöglichkeit wird der Betriebsrat in der sachgerechten Ausübung seines Betriebsratsamts signifikant beeinträchtigt, weil die betriebsratsinternen Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozesse sowie die gremienbezogene Dokumentation qualitativ eingeschränkt sind, ferner weil sich ohne die Nutzung eines Personalcomputers mit Textverarbeitung die Kommunikation mit dem Arbeitgeber, der über eine Textverarbeitung verfügt, als ungleichgewichtig erweist. Dieses widerspricht jedoch dem Anliegen des Betriebsverfassungsgesetzes.
Normenkette
BetrVG § 40
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 15.02.2007; Aktenzeichen 28 BV 264/03) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 15.2.2007, Az.: 28 BV 264/03, wird der bezeichnete Beschluss abgeändert.
2. Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, dem Betriebsrat folgende Sachmittel zur Verfügung zu stellen: Einen Personalcomputer mittlerer Art und Güte nebst dazugehörigen Peripheriegeräten, wie Monitor, Tastatur, Maus, Drucker mittlerer Art und Güte, die dazugehörige Software nebst Betriebssystem sowie Druckerpatrone für den Drucker, Papier, Disketten und CD-ROMs sowie eine Schulung zur Einarbeitung in den PC im Umfang von mindestens 3 Tagen für jedes Betriebsratsmitglied, sofern ein anderes Betriebssystem als ein Betriebssystem der Standardmarke Windows zur Verfügung gestellt wird.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen handelsüblichen PC nebst Monitor, Tastatur, Maus, Drucker mit Betriebssystem und Software zur Verfügung stellen muss.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der zu 2) beteiligte Arbeitgeber betreibt bundesweit D.. Er beschäftigt in Deutschland in ca. 10.000 Verkaufsstellen etwa 30.000 Arbeitnehmer. Die einzelnen Verkaufsstellen sind organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet, denen ein Bezirksleiter vorsteht. Diesen wiederum übergeordnet sind sog. Verkaufsbüros, bundesweit ca. 25 bis 30. Dem Bezirk München VI gehören 38 Verkaufsstellen an, in denen ca. 120 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Für den Bezirk München VI, der weit über die Münchner Stadtgrenze hinausreicht, ist der aus sieben Mitgliedern bestehende Betriebsrat gebildet.
Ansprechpartner des Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten sind auf Arbeitgeberseite je nach Gesprächsgegenstand der Bezirksleiter, der Leiter des Verkaufsbüros oder auch die Zentrale in E..
Der Betriebsrat verfügt zur Erledigung von Büroarbeiten in seinem Betriebsratsbüro in S. über eine elektrische Schreibmaschine mit Korrekturband (ohne Speichermöglichkeit). Außerdem steht ihm eine Plastikkarte zur Verfügung, mit deren Hilfe er in einem Copyshop – der zum Betriebsratsbüro nächstgelegene befindet sich in S. – bargeldlos Photokopien anfertigen lassen kann. Das für den Bezirk M. zuständige Verkaufsbüro verfügt über eine komplette Büroeinrichtung einschließlich Computer und Peripherie. Der zuständige Bezirksleiter verfügt derzeit nicht über eine entsprechende elektronische Ausstattung.
Mit seinem beim Arbeitsgericht München am 6. Dezember 2001 eingegangenen Antrag im Beschlussverfahren vom 4. Dezember 2001 hat der Betriebsrat die Verpflichtung des Arbeitgebers begehrt, ihm einen Personalcomputer zur Verfügung zu stellen.
Zur Begründung hat er in erster Instanz vorgetragen, er verfüge über keine eigene ...