Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ordnungsgeld nach § 141 Abs. 3 ZPO darf dann nicht mehr festgesetzt werden, wenn im Termin zur mündlichen Verhandlung Fragen zum Sachverhalt nicht offengeblieben sind und der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden wurde, wobei unerheblich ist, ob der Rechtsstreit in der Instanz rechtskräftig abgeschlossen wird oder nicht (vgl. BAG – 20. August 2007 – 3 AZB 50/05 – NJW 2008, 252f.).

 

Normenkette

ZPO § 141 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 05.11.2007; Aktenzeichen 20 Ca 4241/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 11. November 2007 wird der Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts München vom 5. November 2007 aufgehoben.

 

Gründe

Das statthafte und auch sonst zulässige Rechtsmittel (§ 380 Abs. 3 ZPO analog) hat Erfolg.

1. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gewahrt waren. Der Kläger ist bei Verkündung des Beschlusses vom 3. Mai 2007 nicht persönlich anwesend gewesen; ob seine Ladung den erforderlichen Hinweis (§ 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO) auf die Folgen eines Ausbleibens enthielt, kann der Akte nicht entnommen werden.

2. Jedenfalls ist im Streitfall die beanstandete Verhängung des Ordnungsgeldes ermessensfehlerhaft. Dieses Ordnungsgeld durfte bereits deswegen nicht festgesetzt werden, weil im Termin am 25. September 2007, zu dem für den Kläger auch niemand erschienen war, ein Versäumnisurteil ergangen ist. § 141 ZPO verfolgt vorrangig den Zweck, eine Aufklärung des Sachverhalts zu erleichtern und das Verfahren zu fördern (vgl. OLG Hamm, OLGR 1997, 235, 236). Erscheint der Prozessbevollmächtigte einer auch persönlich geladenen Partei – sei es bewusst oder infolge unvorhergesehener Umstände – nicht mit der Folge, dass gegen sie ein Versäumnisurteil ergeht, ist die Sache damit, ohne dass es in diesem Termin einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedarf, entscheidungsreif. Dann aber fehlt eine Rechtfertigung zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die nicht erschienene Partei.

Auch die durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 ausgeweitete Pflicht des Gerichts zur materiellen Prozessleitung ändert daran nichts, denn diese Pflicht kommt nicht zur Geltung, wenn im Wege eines Versäumnisurteils ohnehin auf der Grundlage des Vorbringens der erschienenen Partei zu entscheiden ist. Ein gleichwohl gegen die nicht erschienene Partei verhängtes Ordnungsgeld hätte ausschließlich Strafcharakter; das aber ist nicht der maßgebliche Grund für die in § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO vorgesehene Sanktion (vgl. dazu OLG Hamm, aaO; OLG Brandenburg, MDR 2001, 411; OLG Köln vom 11. März 2004 – 5 W 146/03NJW-RR 2004, 1722/1723; LAG Niedersachsen, MDR 2002, 1333, 1334).

Dass gegen ein Versäumnisurteil der gesetzlich zulässige Einspruch eingelegt werden kann und hier auch worden ist, kann dabei ebenfalls nicht zum Nachteil des nicht erschienenen Klägers berücksichtigt werden.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, ein weiteres Rechtsmittel nicht eröffnet.

 

Unterschriften

Dr. Staudacher

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1998593

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